Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Ungefähr 860 000 Menschen in Deutschland sind obdachlos.
Fremde aufnehmen, Obdachlose beherbergen ist ein wesentliches Zeichen von Nächstenliebe. Im Christentum zählt es zu den sogenannten sieben leiblichen Werken der Barmherzigkeit.
Barmherzigkeit darum geht es mir in dieser Sendung. Und um eine Geschichte über ein Obdachlosenheim in Berlin, die ich sehr interessant finde:
Haus Schönweide - von außen betrachtet ein zweckmäßiger Bau mit freundlich gelb gestrichener Fassade. Doch innen - ein echtes Schmuckstück.
Dass es so ein Schmuckstück geworden ist, verdankt es der Idee und dem Einsatz einer Berliner Künstlerin.
Miriam Kilali hat es sich zur Aufgabe gemacht, Obdachlose mehr als nur unterzubringen.
Sie möchte sie an die Fülle des Lebens erinnern, an Schönheit und sie am öffentlichen Reichtum teilhaben lassen. Gerade sie, die von Leben oft hart gebeutelt wurden und ein Leben auf der Straße hinter sich haben, möchte sie etwas Glanz, Wärme und Individualität erfahren lassen.
Und so gibt es in Haus Schönweide funkelnde Kronleuchter an den Decken.
Die Türschilder an den Zimmern der 21 Bewohner, sind kleine Goldbilderrahmen, auf denen ihr Name steht. Durch die Räume zieht sich eine geschmackvolle Goldbordüre.
Die Bewohner waren am Anfang etwas irritiert, als sie gefragt wurden, was denn ihre Lieblingsfarbe sei, wie ihr Zimmer gestrichen werden soll? Welche Wünsche sie bei der Möbelauswahl hätten?
Skeptisch seien sie anfangs gewesen, die Männer von der Straße, was der ganze Tam Tam soll. Doch nachdem das erste Zimmer fertig war, war das Eis gebrochen.
Ermöglicht wurde das Projekt durch Spenden, die die Künstlerin eingetrieben hat, durch viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, und nicht zuletzt den Bewohnern, die fest mit angepackt haben.
Haus Schönweide ist zu Ihrem zu Hause geworden. Und die Heimleiterin ist sehr bewegt, wie sehr sich durch diese räumliche Gestaltung, auch das Zusammenleben verändert hat. Die Bewohner pflegen sich mehr, achten auf ihren neuen Reichtum, und kamen vor allem durch den Umbau miteinander ins Gespräch. Gemeinschaft hat sich entwickelt und gleichzeitig wurde Wert auf Individualität gelegt. „Ick bin jetzt reich“, sagte ein Bewohner strahlend in dem Bericht.
Satt und sauber ist viel wert… aber es halt nicht alles, davon bin ich überzeugt.
Oder wie die Dichterin Hilde Domin es auf den Punkt bringt:
„Wir essen das Brot – doch wir leben vom Glanz.“
https://www.kirche-im-swr.de/?m=7165
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