Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Denken Amokläufer eigentlich nie an ihre Familien? Sind sie so verstrickt in ihre düsteren Gedanken oder ihre kalte Wut, dass sie sich gar keine Gedanken machen an das, was danach über ihre Familien hereinbricht?
Warum beschäftige ich mich heute, an einem ganz normalen Dienstag mit dem schrecklichen Thema Amoklauf? Weil Amokläufe an scheinbar ganz normalen Tagen wie diesem vorbereitet werden und an scheinbar ganz normalen Tagen wie diesem passieren. Und die Täter kommen meistens aus scheinbar ganz normalen Familien.
Die Familie: Vater, Mutter, Kind oder Kinder, ersehntes Idealbild der meisten Menschen. Aber die Wirklichkeit sieht anders aus. Familie haben, Familie sein, in welcher Form auch immer, wird einem extrem schwer gemacht in unserer Gesellschaft. Angefangen dabei dass es für Frauen noch immer viel zu schwer ist Familie und Beruf unter einen Hut zu kriegen. Bis zu den Finanzen. 120 000 Euro kostet ein Kind bis es 18 Jahre alt ist, ohne Ausbildung oder Studium versteht sich.
Familie sein erschweren auch die verschiedenen Konkurrenten der Familie. Wenn zum Beispiel beide Elternteile arbeiten müssen oder wenn die Anforderungen für die Kinder in der Schule immer höher werden. Es fehlt einfach zu oft die Zeit füreinander und miteinander. Auch und gerade in den Familien. Und nicht zuletzt die Medien sind Konkurrenten der Familie. Fernsehen und Computer gehören heute natürlich zu jedem Haushalt dazu. Aber oft isolieren sie die Familienmitglieder und verbrauchen die wenige Zeit die Eltern und Kindern noch füreinander bleibt. Und nicht selten werden die Medien so zu den heimlichen Erziehern von Kindern und Jugendlichen.
All das erschwert das Familie-Sein - eine Lebensform, die doch Raum für Wachstum, Entwicklung und Geborgenheit geben sollte.
Natürlich sind diese Erschwernisse nicht der Grund dafür dass es immer mehr Amokläufe junger Menschen gibt. Aber anders herum gesehen:
ist es denn vorstellbar, dass ein junger Mann zum Amokläufer wird, dessen Eltern wirkliches Interesse an seinem Leben haben? In dessen Familie Konflikte ausgetragen und ausgehalten werden? Und wo er Respekt, Anerkennung und Liebe erfährt?

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