Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Erfurt vor 7 Jahren, Emsdetten vor 3, Winnenden vor einem halben Jahr und Ansbach vor knapp 4 Wochen. Es ist eigentlich kein Thema für den frühen Morgen. Aber wann will man schon davon hören: von den sogenannten Amokläufen an Schulen. Doch man muss sich mit ihnen beschäftigen, wenn man sie verhindern will. Nicht nur wenn sie vor kurzem passiert sind, sondern auch und gerade im Alltag.
Sogenannte Amokläufe sind nicht zu verhindern, sagen nicht wenige. Sie haben wohl recht, wenn sie dabei nur an Gesetzesverschärfungen, Verbote oder technische Vorkehrungen denken. Sie haben nicht recht, wenn sie damit Ursachenforschung und Vorbeugung meinen. Wir können lernen. Wir müssen lernen aus den Amokläufen an Schulen. Das sind wir den Opfern und den Angehörigen der Opfer schuldig. Und den Tätern, die natürlich und zuerst Täter, aber auch Opfer sind.
Wir können zum Beispiel lernen, dass es niemals nur eine Ursache für einen Amoklauf gibt. Jeder ist anders, aber jeder entsteht aus einem Bündel von rabenschwarzen Gründen, die dann zur mörderischen Katastrophe führen.
Es fängt an in der Familie, wie so vieles. Wie viel Zeit, wie viel Aufmerksamkeit, Respekt und Liebe bekommt der Junge. Ja, der Junge! Denn so gut wie alle Amokläufe in Schulen wurden von männlichen Heranwachsenden verübt. Ich denke wir brauchen heutzutage eine Jungenförderung, eine Begleitung pubertierender Jungs. Auch und gerade in der Schule, diesem Zentrum möglicher Kränkungen. Und wir müssen lernen menschenverachtende Medien zu ächten. Wenn Horrorbilder zu Vorbildern werden und Töten virtuell trainiert werden kann. Und nicht zuletzt müssen wir uns fragen was Waffen in Privathaushalten zu suchen haben.
Es gibt viel zu tun. Ein Anfang ist gemacht mit dem Expertenkreis Amok. Ein sehr guter Anfang. Denn mit diesem Expertenkreis hat das Land Baden-Württemberg die Gesellschaft gewissermaßen um einen runden Tisch versammelt. Ein Tisch an dem so ernsthaft wie kompetent darum gerungen wurde wie künftige Amoktaten möglichst verhindert oder wenigstens erschwert werden können. Ein Tisch an dem auch Angehörige der Opfer des Amoklaufs in Winnenden gesessen haben.
83 Empfehlungen hat dieser Expertenkreis gegeben. Und jede ist es wert gehört, bedacht und breit diskutiert zu werden. Denn Amokläufe entstehen dadurch dass Vieles schief läuft bei einem Menschen. Und das kann nur von Vielen verhindert werden.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6959
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