Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Manchmal hätte ich gern einen „Angstbesieger“.
Diesen Ausdruck hat mein Sohn erfunden. Als er in die Schule gekommen ist, hat er mir erklärt, dass er jetzt keine Kuscheltiere mehr braucht. Witzigerweise kam aber gleich eine Einschränkung: „Außer“, hat er gesagt, „wenn ich nachts aufwache“. Dann nimmt er nämlich seinen Stofftiger fest in den Arm, und erst dann traut er sich, das Licht anzumachen, und nachzusehen, ob im Zimmer alles in Ordnung ist. Sein Tiger sei nämlich ein „Angstbesieger“.

„Angstbesieger“ - mir hat diese Wortschöpfung meines Sohnes gut gefallen. Ich glaube für so einen „Angstbesieger“ ist man nie zu groß, nicht wenn man in die Schule kommt, und auch nicht, wenn man die Schulzeit längst hinter sich hat. Denn Angst ist ja etwas, das einen Menschen sein ganzes Leben lang begleitet. Klar, die Ängste ändern sich: Als Erwachsener habe ich in der Regel keine Angst mehr, wenn ich nachts aufwache und es jagt mir keinen Schauer über den Rücken, wenn ich allein in den Keller muss. Aber es gibt Dinge, vor denen sich auch Erwachsene fürchten. Angst vor der Zukunft, Angst keinen Arbeitsplatz zu finden oder ihn zu verlieren. Angst den Aufgaben und Belastungen nicht gewachsen zu sein, die man täglich schultern muss, Angst vor dem Alleinsein.

Auch in der Bibel kommen oft Menschen zu Wort, die Angst haben. Besonders in den Psalmen. „Die Angst meines Herzens ist groß“, klagt da einer (Psalm 25,17). Und ein anderer: „Mir ist Angst. Mein Auge ist trübe geworden vor Gram, matt meine Seele und mein Leib“(Psalm 31,10)

Ich glaube, alle Ängste damals und heute haben eins gemeinsam: Im Grunde habe ich Angst davor, etwas nicht aushalten zu können, also einer Bedrohung nicht standzuhalten. In jeder Angst steckt die Ur-Angst um mich selbst. Ein „Angstbesieger“ müsste also garantieren, dass das, wovor ich Angst habe, mich am Ende nicht umwerfen kann. Wenn ich das schon von vornherein weiß, verliert das, wovor ich Angst habe, ganz entscheidend an Größe.

Die Angsthasen der Bibel haben sich in ihrer Angst an Gott gewandt. Sie haben ihm zugetraut, dass er so ein Angstbesieger sein kann. Und sie haben ihn dabei beim Wort genommen. Er hat ja selbst gesagt: „Fürchte dich nicht …Musst du durchs Wasser gehen, so bin ich bei dir; auch in reißenden Strömen wirst du nicht ertrinken. Musst du durchs Feuer gehen, so bleibst du unversehrt; keine Flamme wird dir etwas anhaben können“ (Jesaja 43,1+2).
Ich habe das schön öfter erlebt. Da bin ich in eine Situation gegangen, vor der ich richtig Angst hatte - und bin unversehrt wieder herausgekommen. Erinnerungen an solche Erfahrungen sind auch echte Angstbesieger: Gott hat mich damals durch gebracht, dann macht er’s auch wieder.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=6926
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