Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Haben Sie Feinde?“ Das fragt manchmal der Kommissar im Krimi. Ich glaube, ich würde auf diese Frage spontan mit „Nein“ antworten. Jedenfalls fällt mir niemand ein, der mir nach dem Leben trachtet oder bewusst etwas Böses will.
Aber wenn ich mir überlege: Feindlich, das ist eigentlich alles, wovor ich Angst habe, dann kommt schon was zusammen: Schwierige Situationen, Aufgaben, die mir wie ein Berg bevor stehen, Konflikte mit Menschen, die mir zwar nichts Böses wollen, mir aber das Leben schwer machen.

Psychologen haben herausgefunden, dass es Menschen gibt, die ihre Umwelt eher freundlich einschätzen und andere, die ihre Umgebung eher als feindlich empfinden. Von dieser zweiten Gruppe sind die noch besser dran, die sich überlegen fühlen. Klar, wenn ich eh der Stärkere bin, brauchen mich meine Feinde nicht sonderlich zu beunruhigen. Aber dann gibt es eben noch die, die meinen, sie seien die Schwächeren. Die leiden unter dem Gefühl, von Feinden umgeben zu sein, besonders.

In der Bibel kommen auffällig oft Menschen zu Wort, die über Feinde klagen, denen sie sich ausgeliefert fühlen. Allein in den Psalmen, einer Sammlung von Gebeten in der Bibel taucht das Wort „Feind“ über hundert Mal auf. „Ach HERR“, klagt da einer zu Gott, „wie sind meiner Feinde so viel und erheben sich so viele gegen mich!“ (Psalm 3,2). Viele dieser Menschen, die so zu Gott beten, erwarten sich dann von ihm, dass er die Feinde vernichtet.

Klar, das ist das nahe liegende. Das wünsche ich mir auch manchmal. Dass eine schwierige Aufgabe, die sich wie ein zwei Meter großer, gut durchtrainierter Feind vor mir aufgebaut hat, einfach weggeblasen wird. Aber so hilft Gott nicht oder jedenfalls selten. Trotzdem hilft er. Wie, das kommt in einem anderen Satz aus den Psalmen zum Ausdruck. Da sagt einer zu Gott: „Du, Gott, bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde“. Ich verstehe das so: Die Feinde, die Schwierigkeiten und Konflikte sind zwar nicht weg, aber Gott nimmt einem Angst vor ihnen. „Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde“ das heißt: Mit dir, Gott, an meiner Seite kann ich so gelassen sein, dass ich mich sogar von Feinden umringt an einen Tisch setzen und in Ruhe essen und genießen könnte. Dass wir das lernen, wünsche ich mir und Ihnen auch: Dass wir uns bei Gott gut aufgehoben fühlen und gelassen auch den feindlichen Erfahrungen des Lebens entgegen sehen können.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6921
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