Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Urlaubsfotos kann man am PC bearbeiten. Die misslungenen und verwackelten löschen. Die zu dunkel geratenen ein bisschen aufhellen. Bei den flauen die Kontraste hervorheben. Am Ende wird man wird richtig wehmütig: Schade, dass der Urlaub schon wieder vorbei ist.
Vielleicht lächeln Sie jetzt ein bisschen und sagen: Na ja, kein Wunder, dass sie traurig ist. Wenn sie die missratenen Fotos löscht, womöglich auch die Regenfotos und die vom Sonnenbrand und der Mückenplage – dann war der Urlaub natürlich super. Aber damit macht sie sich doch was vor. Das ist doch nicht ehrlich. Und es ist wahr: man kann Fotos fälschen und damit die Wahrheit verfälschen und schlimmen Schaden anrichten. Man kann nicht mehr davon ausgehen, dass Fotos die Wahrheit sa-gen.
Aber bei den Urlaubsfotos ist das was anderes, meine ich. Da wird nicht die Wahrheit gefälscht. Da werden die Erinnerungen auf das gerichtet, was schön war und erholsam und wohltuend. Und das andere tritt in den Hintergrund. Es ist ja wahr: es hat viel geregnet in diesem Jahr in Norwegen. Aber da waren die spannenden Bücher, die netten Abende mit der Tochter, ich habe ein neues Kartenspiel gelernt und die Fotos zeigen: wenn es darauf ankam, war es trocken und manchmal hat sogar die Sonne geschienen. Wir hatten immer was zu lachen. Und der Sturm am Nordkap im August: der hatte doch auch was!
Solche positiven Erinnerungen helfen, dem was kommt mutig entgegen zu sehen. Ich habe Erfahrungen gemacht. Positive Erfahrungen, die mir zeigen: Auch wenn es mal stürmt und regnet kann das Leben schön sein. Man kann es sich schön machen. Es gibt Menschen, mit denen zusammen kann man auch bei Nebel und Kälte gute Laune haben. Solche Menschen werden auch dann da sein, wenn es mal wieder anfängt zu regnen.
Dass es wichtig ist, sich an die positiven Erfahrungen zu erinnern, dass wussten schon die Menschen in biblischer Zeit. In der Bibel stehen Gebete von Menschen in schlimmen Situationen, die schauen ganz bewusst zurück auf ihre guten Erfahrungen: „Darum denke ich an die Taten Gottes, ich gedenke an seine vorigen Wunder!“ (Ps 77,12) sagen sie. Und anscheinend hilft ihnen das. Sie finden wieder Vertrauen: „So wird Gott mir auch in Zukunft helfen und mir beistehen!“
Sich an das Gute erinnern und das andere so weit es geht großzügig vergessen: das tut gut. Bei der Bearbeitung ihrer Urlaubsfotos machen sich manche Leute viel Mühe damit. Vielleicht sollten wir auf unsere Erinnerungen genauso viel Sorgfalt verwenden.

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