Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Sei nicht nett, sei echt!“ – Mir gefällt dieser Spruch. „Das ist aber nett von Ihnen, dass Sie mir einen Platz aufgehoben haben.“ War wirklich ein netter Abend mit netten Leuten. Bei einem Sommerfest mit zum Teil „wichtigen“ Leuten hat mir jemand freundlich auf die Schulter geklopft – „wir sehen uns“. Und ich wusste genau, dass wir uns bei diesem Fest nicht mehr begegnen würden. Ja, die vielen kleinen Nettigkeiten. Man verbindet damit: freundlich und gefällig, vielleicht ein wenig niedlich und nicht zuletzt auch harmlos. Und darum haftet diesem Nettsein auch etwas Oberflächliches, etwas Künstliches an – also: nicht wirklich echt. „Sei nicht nett, sei echt!“ – Tatsächlich gebraucht man echt als Gegenwort zu: falsch, künstlich, nachgemacht. Positiv ausgedrückt steht echt für: unverfälscht und zuverlässig, für aufrichtig und beständig. Dieses Gemälde ist ein echter Michelangelo. Dieser Song ist eine echte Angelika Milster. Vor allem ist das gemeint: „Du bist ein echter Freund – echt, auf Dich kann ich mich verlassen.“ „Sei nicht nett, sei echt!“ – Echt bin ich dann, wenn sich jemand auf mich verlassen, mir vertrauen kann. Mein Gegenüber ist echt, wenn ich mich auf sie oder ihn verlassen, ihr oder ihm vertrauen kann – trotz mancher Unterschiede, trotz mancher Veränderungen, die sich im Laufe der Zeit bei jedem einstellen. Echt bin ich dann, wenn ich zu meinem Wort stehe, zu einer Verantwortung stehe. Wenn ich mit einem geliebten Menschen durch dick und dünn gehe. Echt bin ich dann, wenn ich auch mir gegenüber treu bleibe. Das mit dem „echt“ kann ich ohne weiteres auch auf Gott beziehen. Gemeint ist nicht ein „lieber Gott“, der nett und kuschelig ist. Gemeint ist der „Gott der Liebe“, wie ihn Jesus verkündet und vorgelebt hat. Gott ist echt: Wir können ihm vertrauen. Wir brauchen keine Angst vor ihm haben. Er steht ganz auf der Seite des Menschen. Er richtet nicht und straft nicht – er liebt. Und trotz allem Unbegreiflichen kann uns nichts und niemand von dieser Liebe trennen. (vgl. Römer 8,38-39)
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