Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Soll ich aus der Kirche austreten oder nicht?“ Nicht wenige treibt diese Frage um. Und etliche sind ausgetreten oder haben es vor. Grund für diesen Schritt ist längst nicht nur die Kirchensteuer. Die einen finden in der Kirche keine Heimat mehr, weil sich für sie zu wenig bewegt, die Kirche sich sogar nach rückwärts bewegt. Den anderen sind die Lehren der Kirche und die Aussagen der Kirchenoberen zu verstaubt und rückständig. Wieder andere finden in der Kirche kein Verständnis für ihre Lebenssituation, z. B. wer homosexuell ist oder wer geschieden und wiederverheiratet ist. Dazu kommen Enttäuschungen mit dem „kirchlichen Bodenpersonal“ und Kränkendes durch die Hierarchie. Wir können der Kirche aus vielen Gründen fremd werden – und die Kirche uns. Und wenn manch fromme Kirchenleute über die der Kirche Fernstehenden sprechen – dann möchte ich zu bedenken geben: „Die Frage ist, wer da wem fern steht.“ Ich respektiere es, wenn sich jemand entscheidet, aus der Kirche auszutreten. Wer um eine Entscheidung ringt, den möchte ich ermutigen, es trotzdem noch einmal mit der Kirche zu versuchen. Es gibt ein paar gute Gründe dafür: Nach wie vor geht eine Faszination von Jesus aus. Bis zum heutigen Tag wirkt seine Botschaft, seine Art, offen und direkt auf Menschen zuzugehen. Und welchen Gott er verkündet – einen Gott, vor dem man keine Angst haben muss. Einen Gott, der ganz auf der Seite des Menschen steht. Um Jesus entsteht ein Klima, in dem sich Menschen geborgen fühlen und verstanden wissen. Diese einmalige Botschaft von Jesus verkündigt die Kirche auch durch die Jahrhunderte. Und immer wieder sind es unbekannte und bekannte Jugendliche, Frauen und Männer, die in ihrem menschlichen und sozialen Verhalten glaubwürdig Zeugnis geben von Jesus. Die Kirche begleitet Menschen von der Geburt bis zum Tod. In ihr können sie an einer Hoffnung teilhaben, die über den Tod hinaus reicht. Gute Seelsorge und Beratung nimmt den ganzen Menschen ernst. Die Kirche erinnert immer wieder daran, im Sinne Jesu solidarisch zu sein mit den Schwachen, die keine Lobby haben. Die Kirche setzt sich mit ihren Gottesdiensten und mit ihren Themen, mit Musik und Kunst dafür ein, die Sonn- und Feiertage zu erhalten. Kirchen sind Orte der Ruhe und der Besinnung. Orte, an denen manche Sprachlosigkeit, Ohnmacht und Hilflosigkeit im Gebet zur Sprache gebracht werden können.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=6691
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