Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Dieser Heilige hat mich schon als Kind brennend interessiert – heute ist sein Gedenktag: Laurentius von Rom. Er wurde lebendigen Leibes geröstet und bat noch die Feuerteufel, ihn zu drehen, denn auf der einen Seite sei er schon gar. Nun – das ist sicher fromme Legende.
Laurentius war im dritten Jahrhundert nach Christus als Diakon in Rom in der Armenfürsorge tätig und hat als „Kirchenpfleger“ das Vermögen der Gemeinde verwaltet. In dieser Zeit tobte unter Kaiser Valerian eine dramatische Christenverfolgung, in der sogar der damalige Papst Sixtus II. hingerichtet wurde. Nun forderte der Kaiser im Blick auf seine maroden Staatsfinanzen von Laurentius das Kirchenvermögen. Der weigerte sich, wurde gefoltert und bat um drei Tage Bedenkzeit. Sofort verteilte er den gesamten Kirchenschatz an die Armen der Stadt. Gemeinsam mit ihnen trat er dann vor den Kaiser mit den Worten: „Hier, mein Kaiser, das sind die wahren Schätze der Kirche“. Valerian – außer sich vor Zorn – ließ Laurentius, den Diakon der Armen, auf einem glühenden Rost zu Tode quälen.
Die Armen – die „wahren Schätze der Kirche“? Wo kommen sie denn heute in unseren Kirchen vor? Als Bettler an der Pfarrhaustür, als „Klienten“ bei Beratungsstellen, als Hilfsbedürftige bei den caritativen Organisationen, als Gäste in Wärmestuben und Vesperkirchen – gewiss. Aber nehmen wir sie wirklich als „Schätze“ wahr, als wertvolle Menschen oder nur als Betreuungsobjekte?
Wer – warum auch immer – arm geworden ist, bei dem wurde viel an innerem Reichtum verschüttet. Da liegen unter den Trümmern wertvolle Potentiale an Phantasie und Kreativität, an Fleiß und Können, an Lebensweisheit und Wissen und natürlich jede Menge enttäuschte oder verloren gegangene Liebe. Im Umgang mit armen Menschen erfahre ich immer wieder, dass etwas davon zu leuchten und zu strahlen beginnt. Da liegen so viele Schätze verborgen. Sie sind nur dann zu heben, wenn wir uns den Armen zuwenden, ihre elende Armut überwinden helfen, so dass sich ihr Blick weitet und nicht mehr nur auf das nackte Überleben gerichtet bleibt.
Mit den Armen von heute müssten wir Kirchenleute hin zum Kaiser. Die Politik muss auf allen Ebenen der Armut ins Angesicht blicken. In unserem reichen Land leben 13 % der Menschen in Armut, weitere 13 % sind akut von ihr bedroht.
Laurentius mahnt uns alle, uns „brennend“, mit Leidenschaft und Liebe der Armen anzunehmen und einzutreten für ihre Rechte und ihre Würde.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=6587
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