SWR4 Abendgedanken RP

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Liebe und Hinwendung zum Nächsten- dieses Thema zieht sich wie ein roter Faden durch die Bibel. Schon dem alten Vater Abraham wird das von Gott ganz am Anfang seiner Geschichte mit auf den Weg gegeben. „Ich will dich segnen, und du sollst ein Segen sein!“


Teil 1
„Ich will dich segnen, und du sollst ein Segen sein!“ So sagt es Gott zu Abraham. Abraham soll losziehen mit seiner Familie, seinem ganzen Stamm und soll noch einmal neu anfangen. An einem anderen Ort, mit einem ganz anderen Auftrag. Und das alles zu einer Zeit, zu der er selbst damit gar nicht mehr gerechnet hatte. Er war nämlich, so sagt es die Bibel, schon 75 Jahre alt, als er von Gott so aufgefordert wurde. Abraham ließ sich darauf ein und zog einfach los. Was werden würde, wusste er nicht. Ob alles gut gehen würde, da vertraute er ganz auf Gott. Wenn wir im Alten Testament weiter lesen erfahren wir: es wurde gut! Abraham ließ sich ganz auf Gottes Zusage ein. Und er wurde mit seinem Leben und Engagement zum Segen für viele andere.
Die Geschichte von Abraham gibt es auch heute. Ich finde sie immer wieder auch mitten unter uns. Nämlich da, wo Menschen spüren: Da ist noch etwas, was ich tun kann. Gott hat noch eine Aufgabe für mich. So nutzen viele Menschen ihre Zeit und ihre Erfahrungen, um sie für andere einzusetzen. Viele tun das ehrenamtlich. Bei manchen Menschen aber bekommt das eigene Leben manchmal eine ganz andere Wendung.

So zum Beispiel bei Viktor Bebekh. Heute sagt er:

Natürlicherweise, ich habe nie gedacht, hier in Deutschland werde ich als Altenpfleger arbeiten mit alte Menschen. Aber zurzeit ich bin stolz für meine Beruf, für meine Arbeit, weil Altenpflege ist ganz besondere Beruf.

Früher in der Sowjetunion war er Lehrer für Weltliteratur und Rechtsanwalt. Hier hat er noch einmal einige Jahre die Schulbank gedrückt. Und heute geht er ganz in seinem neuen Beruf auf. Als Altenpfleger im Elisabeth-Jäger-Haus der kreuznacher diakonie ist er bei allen sehr beliebt.
Ganz anders war es bei Otmar Steeg. Früher war er Vorstandsmitglied einer großen Sparkasse. Dann brachte ihn ein ganz persönliches Erlebnis dazu, seinem Leben eine ganz neue Richtung zu geben. Da war eine schwere Krankheit. Schwere Zeiten – auch mit dem beruflichen Ende - liegen seit einigen Jahren nun hinter ihm. Die Krankheit ist überwunden und heute setzt er sich in einer Sozialstation ehrenamtlich für andere ein. Was ihn dazu beflügelt, das weiß Otmar Steeg sehr genau. Es ist …

… Dankbarkeit, weil die Hand Gottes zu einem Zeitpunkt über mir lag, ohne die gäb’s mich gar nicht mehr. Und ich will mich revanchieren für seine schützende Hand.

Teil 2
„Ich will dich segnen, und du sollst ein Segen sein!“ Mit diesen Worten schickte Gott vor langer Zeit den alten Abraham noch einmal los, um neu anzufangen. Und genau so macht er es auch heute noch mit vielen von uns. So war es bei Viktor Bebekh. Als Lehrer für Weltliteratur und Rechtsanwalt kam er vor einigen Jahren aus der Sowjetunion hierher nach Deutschland.

Meine erste Gedanke hier in Deutschland war: ich muss bisschen näher zu Gott sein.

Und weil seine Eltern nicht die Möglichkeit hatten, ihn taufen zu lassen, sollte und durfte ich ihn vor einigen Jahren taufen. Und seitdem staune ich, wie er diese Taufe wie er seinen Glauben lebt. Er möchte für andere Menschen da sein. So ging er mit fast 50 Jahren noch einmal auf die Fachschule der kreuznacher diakonie und begann im August 2007 seinen Dienst als Altenpfleger im Elisabeth-Jäger-Haus der kreuznacher diakonie. Und diese Tätigkeit ist für ihn – genauso wie für viele andere, die in diesem harten Beruf Menschen begegnen – eben viel mehr als nur ein Beruf:

Arbeit mit alten Menschen bedeutet für mich mehr als nur Arbeit oder Beruf. Ich habe großen Respekt vor alten Menschen, weil was haben wir jetzt in Deutschland mit ihre Hände, mit ihre Herzen, mit ihre Wissen ist gebaut worden. Unabhängigkeit, Demokratie, Wissenschaftserfolg. Deswegen ich habe großen Respekt, und ich habe gedacht, ich muss alle meine Möglichkeiten, alle meine Wünsche von meinen Herz, zu Herz, Seele und Geist zu alten Menschen bringen.
Und dieser Respekt, den er den Menschen entgegenbringt, ist es wohl auch, der ihn im Haus so beliebt macht.

Aber Viktor Bebekh gibt nicht nur, er lernt von den alten Menschen auch viel für sich:

Unsere Mitbewohnerinnen haben große Lebensgeschichte: zweite Weltkrieg, neue Deutschland, Bundesrepublik Deutschland, wissenschaftliche Erfolg. Deswegen, sie wissen mehr, sie kennen mehr als andere Leute, sie erzählen mir ihr Leben, über ihre Familien, Angehörige, Kinder, Enkel. Deswegen jeden Tag bei mir ist neue Tag.

So werden sich Bewohnerinnen und Mitarbeiter gegenseitig zum Segen. Und darüber freut sich Viktor Bebekh eben jeden Tag neu.

Ich bin ganz andere Mensch, als bei andere Beruf, weil jeden Tag öffnet für mich etwas Neues. Deswegen: Ich warte meine Arbeitstag, ich warte meine Dienst. Deswegen warte ich mit große Vergnügung meine Arbeitsdienst.

Viktor Bebekh gibt Gottes Segen in seinem Beruf an andere weiter. „Liebe, und sag es durch dein Leben“, sagte einmal Kirchenvater Augustin. So tut es Viktor Bebekh in seinem neuen Beruf. Etwas anders tut es Otmar Steeg. Er hat im Pensionsalter zu einem Ehrenamt gefunden, das ihn nun ganz ausfüllt.

Teil 3
Liebe und sag es durch dein Leben. – Dieser Satz des Kirchenvaters Augustin ist unbewusst Antrieb für viele, sich für andere Menschen einzusetzen. Und so etwas geschieht nicht immer ganz spektakulär in der ersten Reihe. Manchmal geschieht es auch fast im Verborgenen. So ist es bei Otmar Steeg. Früher war er Vorstand einer großen Sparkasse. Aber seit seiner Pensionierung hat er eine Leidenschaft gefunden, die seinem Leben und seinem Blick auf das eigene Leben eine Wende gab. Als er gebeten wurde, sich mit seinem Fachwissen für die Sozialstationen einzusetzen, hat er nicht gezögert. Etwa 50 bis 60 Stunden pro Woche hat er in den vergangenen Jahren eingesetzt, um die Sozialstationen des Landkreises Bad Kreuznach in eine gute Zukunft zu führen. Dabei muss er lachen, wenn er sich an seine frühere Einstellung erinnert.

Ich habe oft lachend erklärt, wenn früher überall Forderungen an mich kamen: Unterstütz mal, unterstütz mal! Dann habe ich in meinem Büro den Führungskräften schon mal gesagt: wir sind doch nicht die Sozialstation. Heute bin ich’s! So in etwa!

Um zu wissen, womit er es eigentlich zu tun hat, ist er bei so mancher Tour über Land mitgefahren.

Ja, ich habe Unglaubliches erlebt, wobei ich meinte, dass es hier bei uns auf den Dörfern das gar nicht gibt. Dass man beispielsweise völlig allein lebt, völlig in der Isolation lebt, dass Vereinsamung fortgeschritten ist, dass man enorm viel Verwirrungsprobleme hat und auch leider Gottes Verwahrlosung.
Dagegen wollte Otmar Steeg etwas tun und gründete 2006 die „Aktion füreinander“. Mehr als vierhundert Unterstützer hat er mittlerweile gefunden und auch viele Ehrenamtliche, die einfach ihre Zeit mit anderen Menschen teilen. Das würden viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Pflegediensten auch gerne tun, können es aber nicht, weil sie so viele Menschen zu versorgen haben.
Ein Beispiel seiner Aktion erzählt Otmar Steeg gerne. So hat er einen Kreuznacher Unternehmer gefunden, der bereit war an drei Vormittagen einem alten sehbehinderten Menschen aus der Zeitung vorzulesen.

Und die zwei verstehen sich so gut, dass aus dem dreimal eine Stunde vormittags, zum Teil vier fünfmal zwei Stunden vormittags geworden ist. Also jeder bekommt was und jeder gibt was. Und die zwei sind eigentlich sehr froh.

So geht es heute vielen, die sich ehrenamtlich für andere einsetzen. Viele, die jetzt zuhören, können davon auch erzählen. Wir können viel für andere tun und bekommen immer etwas zurück. Und das sind ganz verschiedene Dinge.
Früher waren es ausgeglichene Bilanzen und ausgewiesene Gewinne seiner Bank, die ihm Freude bereiteten. Heute lässt Otmar Steeg etwas ganz Anderes das Herz übergehen. Etwas, das er immer wieder empfindet, wenn er mit in die Häuser geht, um Menschen zu begegnen.

Es macht Freude, Menschen zu helfen Und für mich gibt es heute nichts Schöneres oder Rührenderes als dankbare alte Augen.https://www.kirche-im-swr.de/?m=6490
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