SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

„…Ich möcht‘ ein Clown sein / und die andern lachen machen. – So schreibt Hanns Dieter Hüsch und fährt dann fort - Ich möchte ein stillvergnügter Clown sein / und kein großer Held, / ein klitzekleiner Spaßmacher / in unsrer bitt’ren Welt. / Ich möchte Purzelbaum auf allen Straßen schlagen / und nicht zu allem Ja und Amen sagen… / Ich möchte, dass die Welt mal lächelt, / eh’s zu spät ist / Ich möchte ein Clown sein …“

Warum wollte Hanns Dieter Hüsch, ein poetischer Kabarettist, ein Clown sein? Vielleicht weil der Clown eine besondere Art hat, das Leben zu sehen. Weil er für mehr steht als mich zum Lachen zu bringen, mir mit lachendem und weinendem Gesicht einen anderen Blick in die Welt, ein anderes Sehen eröffnet.
Ich denke an einen großen Clown auf der Bühne: Charlie Rivell. Ich habe ihn viele Male gesehen. Tollpatschig, stolpernd, weil ihm alles im Weg steht, weil ihn die viel zu großen Schuhe am Laufen hindern, sein Kostüm viel zu lange Beine hat. Er ist zum Lachen, obwohl seine Wahrheiten zum Weinen sind. Alle Spielarten des Menschen breitet er aus: Heiterkeit und Traurigkeit, Melancholie und Verzweiflung, Humor und Empfindsamkeit. Der Clown spiegelt, was er sieht und erlebt, und findet, auch wenn er stolpert und scheinbar scheitert, eine Lösung und macht so Mut. Er weckt Gefühle, so dass ich mich mit ihm freue, im Traurigsein mit ihm weinen kann. Die Ernsthaftigkeit, die in aller Heiterkeit immer auch bei ihm aufscheint, weiß um die Ängste des Menschen, um verhindertes Leben, um Trauer und Leid.
Im Lachen liegt für mich eine Hoffnung, die stärker ist als Resignation und Trostlosigkeit. Lachen ist wie die Sonne, die wärmt und hell macht, die dem Mutlosen Hoffnung und Lebensfreude gibt und dem Traurigen die „Rose als Stütze“, wie es Hilde Domin sagt.
Wer ist der Clown in Wirklichkeit? Jeder Mensch hat etwas davon in sich. Wenn ich über den Clown lache, lache ich auch ein bisschen über mich, meine eigenen Schwächen und Verrücktheiten, Dummheiten und Verhaltensweisen. Entdecke ich den Clown in mir, dann kann ich auch über mich lachen, stelle mich in heiterer Distanz ein bisschen abseits und betrachte mein Leben als Zuschauer.
Das Tiefsinnige im Clown ist sein „Trotzdem“. Es ist das Trotzdem des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe als ein Geschenk Gottes an jeden Menschen, aus dieser Haltung zu leben. Zur Fülle des Lebens gehören Lachen und Weinen, Glück und Trauer. Denn: Lachen hat seine Zeit, Weinen hat seine Zeit.
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