Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Barfuß ist die junge Frau und hat eine Mistgabel in der Hand. Die kleine Gruppe von Menschen muss sich dicht zusammenstellen um zu verstehen, was sie sagen will. Der Wind pfeift allen kräftig um die Ohren und ist so laut, dass kaum einer sein eigenes Wort versteht. Wir stehen im Watt, an der Nordsee und lassen uns einführen in die Wunder dieser Landschaft. Die junge Frau bittet uns zunächst, still zu sein und uns beeindrucken zu lassen von dem, was wir wahrnehmen.
Weitläufig und offen erlebe ich diese Landschaft. Weit ist der ausgedehnte Strand. Der Wind spielt mit dem Wasser und den Wolken. Der Horizont ist grenzenlos. Der Wattboden ein Erlebnis für sich. Gewaltige Schlick- und Sandmassen sind dort ständig in Bewegung und bilden so kunstvolle Formen, wie sie ein Mensch nicht kunstvoller malen kann. Wattwürmer, Muscheln in allen Farben und Formen, Schnecken und verlassene Panzer von Krebsen finden wir, während die junge Frau den Boden mit ihrer Mistgabel für uns öffnet. Und wir hören, dass jedes Jahr dort rund 10 Millionen Zugvögel auf ihren Wegen zwischen Afrika und der Arktis rasten
Wer diese Landschaft mit wachem Auge und einem Gespür für das Einzigartige aufgenommen hat, entwickelt auch ein Bewusstsein für die Schutzwürdigkeit dieser Natur.
Der wegweisende Leitsatz „Global denken, lokal handeln“, der 1992 auf dem Umweltgipfel von Rio formuliert wurde, hat als eindringlicher Appell nichts von seiner Bedeutung verloren. Im Gegenteil: Wissenschaftliche Studien weisen in ihren neuesten Ergebnissen daraufhin, dass durch den Klimawandel drohende Gefahren noch schneller und stärker kommen als bisher angenommen. Gleichgültig oder resigniert auf solche Nachrichten zu reagieren ist wenig tauglich. Wir müssen lernen nachhaltig zu leben, damit wir denen, die nach uns kommen, bewohnbare Lebensräume hinterlassen.
Ich finde nicht immer leicht, dieses Bewusstsein in mir wach zu halten. So bin ich dankbar für Menschen, die sich dies zur Lebensaufgabe gemacht haben. Und ich finde ermutigend, dass junge Frauen wie Julia und Vroni ein freiwilliges ökologisches Jahr machen und sich dabei vorbildhaft bemühen, anderen die Augen offen zu halten für die Wunder der Natur.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6206
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