Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Einen Ausflug zu machen, das hilft, wenn man nicht gut drauf ist. Dann darf man sich nicht verkriechen und in Selbstmitleid versinken. Wenn man nicht gut drauf ist, dann muss man raus. Am besten natürlich mit anderen zusammen, so wie es heute sicher vie-le machen werden: Fronleichnam ist ein wunderbarer Anlass für Ausflüge und Fahrrad-touren. Das Zusammensein mit anderen bringt einen auf andere Gedanken. Und gerade jetzt im Frühsommer lässt einem der Blick in die Natur das Herz aufgehen. Wenn man rausgeht und richtig hinschaut und hinhört – dann sieht die Welt wieder ganz anders aus.
Das ist nicht bloß meine Erfahrung. Das ist eine Erfahrung, die Menschen in ganz ver-schiedenen Zeiten bis heute gemacht haben. Nehmen Sie das Sommerlied von Paul Ger-hardt, das er vor über 300 Jahren im 30jährigen Krieg gedichtet hat. Die erste Strophe heißt: „Geh aus mein Herz und suche Freud, in dieser schönen Sommerzeit, an deines Gottes Gaben. Schau an der schönen Gärten Zier und siehe, wie sie mir und dir sich aus-geschmücket haben.“ Geh aus, mein Herz! Dann wird es dir leichter werden. Draußen in der Natur gibt es so viele Hinweise auf Gott, der es gut mit mir und all seinen Menschen meint.
Ein bisschen vorsichtiger, aber genauso anrührend hat das ein Mensch unserer Tage ge-sagt. Der Schweizer Poet Franz Hohler hat ein Gebet geschrieben, das fängt so an: „Lie-ber Gott, wir kennen uns leider nicht persönlich Ich kenne nur deine Boten es sind die Forsythienzweige das Lächeln des Säuglings und der Geruch des Meeres. Und gerne bin ich bereit mit ihnen mich zu begnügen..." (Franz Hohler, Vom richtigen Gebrauch der Zeit, Luchterhand Verlag, München 2006) „Denn offen gestanden“, schreibt Franz Hohler weiter, „habe ich mich immer ein bisschen gefürchtet, vor denen, die ganz weit oben sind.“ Und dennoch lehren die irdischen Boten Gottes, die er auf seinen Wanderungen und Ausflügen sieht, ihn das Hoffen. Denn am Schluss schreibt er: "Oder doch: Vielleicht hast du eine Sekunde Zeit für mich, dann, wenn ich einmal aus diesem Planeten stürze. Wann das sein soll und wo, lieber Gott, überlasse ich dir.“
Und nicht anders sieht das Paul Gerhardt in seinem Lied, nur sagt er es ein bisschen an-ders: „Ach denk ich, bist du hier so schön und lässt es uns so lieblich gehen, auf dieser armen Erden. Wie will doch wohl nach dieser Welt dort in dem reichen Himmelszelt und güldnen Schlosse werden.“
Jetzt habe ich mir für heute auch einen Ausflug vorgenommen. Zum Hoffnung auftanken gewissermaßen. Und ich wünsche auch Ihnen schöne Erfahrungen mit den Boten Gottes.

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