Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Eine Krise ist keine Katastrophe. Eine Krise ist ein Wendepunkt. Bei Krankheiten zum Beispiel, als es noch keine Antibiotika gab, da hat man auf die Krise gehofft. Wenn das Fieber hoch angestiegen war, dann gab es die Chance, dass die Krankheit besiegt und der Mensch wieder gesund wurde.
Deshalb ist auch die Wirtschaftskrise erstmal keine Katastrophe. Die Krise ist eine Chan-ce, dass das anders und besser wird, was irgendwie krank war. Deshalb sind jetzt Ent-scheidungen fällig.
Die Regierenden müssen entscheiden: Wohin soll es gehen? Soll man mit milliarden-schweren Krediten ein Wirtschaftssystem wieder ins Laufen bringen, das in sich zusam-men gebrochen ist, weil es nicht tragfähig war? Oder ist es Zeit, umzusteuern so gut es geht? Ist es nicht Zeit, dafür zu sorgen, dass das Wirtschaften dem Zusammenleben der Menschen dient und nicht zuerst dem Profit großer Unternehmen und ihrer Aktionäre?
Ich finde, auch Christen müssen sich da zu Wort melden. Jesus hat als Vorbild von einem Unternehmer erzählt, der seinen Gewinn richtig eingesetzt hat. Er hat dafür gesorgt, dass möglichst viele Arbeiter beschäftigt wurden. (Mt 20, 1-20) Und das ist für Jesus kein Märchen und kein frommer Traum gewesen. Sonst hätte er seine Christen nicht beten gelehrt: „Dein Wille geschehe Wie im Himmel so auf Erden“.
Viele Experten sagen allerdings, dass seien Sonntagsreden, ohne Rendite könne die Wirt-schaft nicht funktionieren. Natürlich: wenn ein Unternehmen nichts verdient, kann es auch keine Löhne zahlen – das ist ja nicht schwer zu verstehen. Bloß: die Gewinne wer-den häufig ja gar nicht an die Arbeiter ausgezahlt und auch nicht in neue Maschinen in-vestiert! Im Gegenteil: Angestellte werden entlassen, damit der Gewinn steigt!
Man hat uns lange genug weis gemacht, in die Wirtschaft dürfte der Staat mit Gesetzen und Entscheidungen nicht hinein regieren. Das würde den Markt behindern, der könnte sich nur allein regulieren. Aber die das gesagt haben, haben anscheinend nicht mit der Gier der Menschen gerechnet. Denn der Markt, der funktioniert ja nur so, wie die Men-schen ticken, die da miteinander wirtschaften. Und die brauchen offensichtlich Regeln. Gute Vorbilder, wie das von dem Unternehmer aus der Jesusgeschichte, die reichen an-scheinend nicht.
Im September ist Wahl. Ich finde wir sollten die Wahlversprechen der Parteien daraufhin prüfen: wer will eigentlich bloß, dass es nach der Krise so weitergeht wie vor der Krise? Und wer will dafür sorgen, dass es anders wird? Das das, was erarbeitet wird, dem Leben dient und nicht die Zukunft kaputt macht? Die sollten wir wählen. Damit aus der Krise keine Katastrophe wird.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6157
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