Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Zu den schlimmsten Sünden gehört die Resignation, finde ich. Denn Sünde ist ja nicht ir-gendein moralischer Fehler. Sünde ist, wenn Menschen nicht so leben, wie sie leben könnten. Wenn wir nichts anfangen mit den Gaben und Möglichkeiten, die Gott uns ge-geben hat. Wer resigniert hat, der fängt nichts an. Macht nichts aus sich und gebraucht die Gaben nicht, die er hat. Fragt nicht nach seinen Begabungen. Kann ich vielleicht zu-hören und die richtigen Fragen stellen? Wie oft fehlt so ein Mensch, der zuhören kann und sich traut, nachzufragen! Kann ich vielleicht mit denen reden, mit denen sonst keiner spricht? Mit den alten Leuten aus dem Nachbarhaus, die so selten Besuch von ihren Kin-dern kriegen? Mit dem schweigsamen Jungen von gegenüber, der von sich aus den Mund nicht aufkriegt? Vielleicht täte es ihm gut, wenn ich ihn mal um Hilfe bitte?
Viele sind resigniert und fangen nichts an mit den Begabungen, die sie haben. Wahr-scheinlich kann man viele Gründe dafür nennen und Entschuldigungen versuchen. Traurig ist es trotzdem, denn, wer resigniert hat, der schadet sich selbst und macht anderen Sorgen, die gern auf ihn bauen würden. Und: wer resigniert, beschädigt das Ansehen Gottes – denn ist nicht jeder Mensch ein Bild von Gott?
Was aber hilft gegen die Resignation? Was macht aus einem Menschen, der wie gelähmt ist und nicht weiter kommt. ein Bild Gottes, dass seine Möglichkeiten nutzt? Wie wird aus einer Frau, die nicht mal mehr auf eigenen Füßen stehen kann, eine, die ihren Platz fin-det und das Leben unter die Füße kriegt?
Jesus hat zu einem, der wie gelähmt auf seinem Bett lag, gesagt: Steh auf! Nimm dein Bett und geh heim. Vorher hat er mit dem Mann von den Enttäuschungen und Fehlschlä-gen geredet, die schon hinter ihm lagen. Dass braucht dich nicht zu belasten, hat er ge-sagt. Lass es hinter dir. Fang neu an! Und da kann der wirklich aufstehen, der sich schon aufgegeben hatte. Kann seinen Platz suchen. Kann versuchen, herauszufinden, was für Möglichkeiten er hat. Muss nicht länger denken: es hat ja keinen Zweck. Ich schaffe das sowieso nicht.
Damit das klappt, braucht man manchmal einen Menschen, der einen aufrichtet. Erst mal ein paar Schritte mitgeht. Einen stützt und führt, einen einfach mitnimmt, vielleicht sogar mit zieht. Bis es dann irgendwann auch allein geht. Dann hat die Resignation keine Chan-ce mehr. Aber vor allem braucht man einen Menschen, der einem sagt: Steh auf. Lass dich nicht hängen. Ich brauche dich. Ich sehe Möglichkeiten für dich. Ich würde mich freuen, wenn du sie verwirklichst.
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