Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Lieber Gott, mach mich fromm, dass ich in den Himmel komm“ – ein Klassiker der auswendig gelernten Kindergebete. Kurz, knapp, einprägsam. Das Problem aber ist, dass viele Menschen nie über diese kindliche Form des Betens hinausgekommen sind. Und damit ist für viele Erwachsene das Thema Beten durch. Aber Beten ist kein Kinderkram und auch keine lästige Pflicht. Beten ist etwas urmenschliches, eine Hinwendung zu Gott, die gut tut, an Leib und Seele gut tut. Aber wie geht das denn - Beten? Beten ist ein Handwerk, sagt der Theologe Fulbert Steffensky. Es kann gelernt werden wie Kochen und Nähen. Aber wie bei allem das gelernt wird, braucht es Regeln und Regelmäßigkeit. Und der Theologe Steffenski bleibt gar nicht theoretisch, sondern beschreibt sehr alltagsnahe Regeln, die ich gern weitergeben möchte.
Also Regel Nummer 1 fürs Beten: „Nimm dir nicht zu viel vor, fang mit kleinen Schritten, mit kurzen Gebeten an. Zu große Vorhaben enttäuschen leicht“.
Regel Nr. 2: „Sei nicht gewaltsam mit dir selbst. Kümmere dich nicht darum ob du wirklich andächtig bist. Bete und überlass die Ganzheit deines Gebets Gott“.
Regel Nummer 3:“Gib dem Gebet eine feste Zeit. Bete nicht nur wenn dir danach ist, sondern wenn es Zeit dafür ist“. Steffensky begründet diese Regel so: Das Gebet lässt sich nicht von seinem Nutzen her verstehen. Es ist die köstlichste Nutzlosigkeit, die wir haben. Aber alles, was nützlich ist drängt sich in den Vordergrund. Mit sich selbst eine feste Gebetszeit auszumachen rettet uns vor der Übermacht der Geschäftigkeit.
So wichtig wie feste Zeiten ist auch ein fester Ort für das Gebet. Der regelmäßig aufgesuchte Ort gewinnt eine Stimme, so Steffensky. Dieser Ort sagt: hier ist die Stelle deines Gebetes. Denn der Mensch ist nicht nur Seele, er ist auch Leib. Er ist nicht nur seine eigene Innerlichkeit, er ist auch sein Äußeres. Daraus die Regel: gib deinem Gebet einen festen Ort. Der Ort hilft dem Geist zu sich selber zu finden.
Und auch die 5. und für heute letzte Regel für’s Beten ist wunderbar realistisch: “Sei nicht auf Erfüllung aus, sei vielmehr dankbar für die geglückte Halbheit. Gib nicht auf, nur weil dein Gebet nur halbgut ist“.
Im Alltag gelingt uns meistens nur das halbe Herz. Und das ist viel.
Peter Kottlorz, Katholische Kirche, Rottenburg

Quelle: Publik-Forum EXTRA. „Beten – Schule des Herzens“. Publik-Forum Verlagsgesellschaft, Oberursel, August 2006. Seite 8f.




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