Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Gewalt: Jeden Tag kann man davon in der Zeitung lesen. Soviel wird darüber berichtet, dass Einzelheiten kaum noch berühren. Es sei denn, sie spielen sich in unmittelbarer Nähe ab oder sie nehmen ein unvorstellbares Ausmaß an. Im Nachhinein beginnen dann die Diskussionen darüber, was in unserer Gesellschaft falsch läuft und was verändert werden muss, damit so etwas nicht wieder passiert.
Unbestreitbar ist: Unsere Gesellschaft ist roher geworden. Sich durchsetzen zu können – eigentlich eine positive Eigenschaft – wird vielfach mit Haltungen verwechselt, die egoistisch sind. Man ist bemüht, das eigene Schäfchen ins Trockene zu bringen – das heißt, auf Kosten anderer zu leben. Mobbing gilt als Ausdruck von Macht und Stärke, Intrige als Beweis, Einfluss zu nehmen auf laufende Prozesse.
Unter den Gaben des Heiligen Geistes, die in der Bibel genannt werden (vgl. Jesaja 11,2), gibt es eine, die „Gottesfurcht“ heißt und die diesen Entwicklungen etwas entgegensetzen könnte. Zugegeben: „Gottesfurcht“ ist ein missverständlicher Begriff, weil wir „fürchten“ mit „Angst haben“ verbinden. In Wirklichkeit geht es aber um Ehrfurcht und Respekt. Gottesfürchtig sein bedeutet also, Gott Achtung und Respekt entgegenzubringen – oder, besser noch, Vertrauen. Gewöhnlich vertrauen wir Menschen, die etwas gut können und von denen wir uns angenommen fühlen. Gottes ureigenste Sache ist – lieben. „Gott ist die Liebe“ (Erster Johannesbrief 4,8) – so steht es in der Bibel. Zeuge und Garant dafür ist Jesus. Denn mit seiner Art, auf Menschen zuzugehen und sie vorbehaltlos anzunehmen, hat Jesus der Liebe Gottes ein Gesicht gegeben. Er hat gesagt: Genauso liebt Gott euch, genauso ist er für euch da. Und so heißt es weiter: „Wenn Gott uns so geliebt hat, müssen auch wir einander lieben“ (Erster Johannesbrief 4,11).
Das ist leichter gesagt als getan. Für die Bibel ist die Fähigkeit zu lieben eine Gabe Gottes. „Die Liebe ist aus Gott“, heißt es da (Erster Johannesbrief 4,7). und genau das ist mit der Geistesgabe der Gottesfurcht gemeint. Gott schenkt etwas von seiner Art zu lieben. Und das bedeutet: Wer sie empfängt und anzunehmen bereit ist, wird durch sie zu einem Menschen, der Anteil nimmt an der Freude und am Leid anderer und der sich tatkräftig einsetzt für eine menschenwürdige Gesellschaft.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6082
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