Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Ostergottesdienst in der Betriebsseelsorge: Erwartungsvoll lauschen die Gäste zu Beginn der leisen, besinnlichen Musik. Da steht plötzlich einer auf, hebt die irdene Bodenvase in die Höhe und zerschmettert sie am Boden. Sie zerspringt unter ohrenbetäubendem Krach in tausend Scherben. Den Leuten fuhr der Schreck in die Glieder. Symbol dafür, was den Jüngerinnen und Jüngern Jesu am Karfreitag zersprungen war: Die Vision vom „Reich Gottes“, verkörpert durch diesen Jesus von Nazareth, auf den sie sich mit Haut und Haaren eingelassen hatten. Der hängt jetzt am Kreuz.
Nun griffen sich die Gottesdienstbesucher eine Scherbe vom Boden und beschrifteten sie mit den Bruchstücken ihres eigenen Lebens: Krankheit und Tod, Trennung und Arbeitslosigkeit, Mobbing und Überforderung war da zu lesen. Niemand, in dessen Leben nicht auch wertvolles „Porzellan“ zerdeppert worden wäre. Gleicht nicht manchmal unser Leben einem einzigen Scherbenhaufen zerschlagener Erwartungen, Hoffnungen und Träume?
Das mühsamste Stück Arbeit stand uns erst noch bevor, nämlich die Scherben mit Hilfe eines Fliesenklebers zusammenzufügen und so der zerbrochenen Vase wieder Form und Gestalt zu geben. Ein kümmerlicher Versuch! Immerhin – es entstand ein Gefäß, das den bunten Osterstrauß aufnehmen konnte, das Symbol für den Auferstandenen. Er, der selbst in seiner irdischen Gestalt zerbrochen wurde, begibt sich hinein in die Bruchstücke unseres Lebens.
Ostern wischt unsere Verletzungen nicht einfach weg. Wer krank ist, wird nach Ostern nicht plötzlich gesund. Wem man die Arbeit aus der Hand geschlagen hat, bekommt sie nicht einfach wieder. Wenn wir jedoch einander die Bruchstücke unseres Lebens hinhalten und sie zusammenfügen, werden sie zum Gefäß, in dem – auch wenn die Bruchlinien noch zu erkennen sind – die Hoffnung blüht.
Möge dieser Osterglaube in uns lebendig bleiben, beteten wir am Ende dieses Gottesdienstes. Der Auferstandene lebt inmitten unserer Gebrochenheit, unserer Halbheiten und Schwächen. Wenn er lebt, so hoffen wir, reißt er auch uns mit in ein neues, ewiges Leben bei Gott.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5850
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