Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Nichts mehr tun können. Das kann einen fertig machen. Die Beerdigung ist vorbei, die Trauergäste haben sich verabschiedet. Irgendwann kommt die Zeit, wo alles er-ledigt ist und es nichts mehr zu tun gibt. Dann bleibt nur noch das Grab. Und die Trauer, die bis dahin noch keinen Raum hatte. Kürzlich sagte mir eine Frau: „Als mein Mann noch lebte, war mir oft alles zu viel – und was gäbe ich jetzt darum, wenn ich noch etwas für ihn tun könnte.“
Solange es noch etwas zu tun gibt, geht es irgendwie. Man funktioniert wie ein Automat und erledigt, was nacheinander sein muss, und es ist Vieles, wenn jemand stirbt.
Karsamstag ist der Tag, an dem es nichts mehr zu tun gibt. Die Freunde Jesu be-greifen langsam, dass dies das Ende ist, auch dass sie am Ende sind und nichts mehr für den toten Freund tun können. Am Ende auch mit allem, was sie von ihm erhofft hatten. Gestern noch die lärmende brutale Hinrichtung, und nun diese Stille, Totenstille.
Karsamstag ist kein Feiertag, ein richtiger „Un-Feiertag“, wenn es das gäbe. Selbst die Kirche, die für so Vieles Feiertage geschaffen hat, sie ist an diesem Tag stumm. Keine Liturgie, die Kirchen ohne Schmuck, die Altäre nackt, nicht einmal Glockenläuten, das große Schweigen angesichts des Todes.
Nichts mehr tun können. Das ist immer schwer, nicht erst, wenn man vor einem Grab steht. Das ganze Leben hindurch gibt es solche Augenblicke, in denen man nichts mehr in der Hand hat und tatenlos warten muss, was geschieht. Wird die Therapie anschlagen? Gehöre ich zu denen, die morgen gesagt bekommen, dass ihr Arbeitsplatz wegfällt? Ob mir der Partner nochmals verzeihen wird? Wann geht endlich das Telefon und die Tochter sagt, dass sie gut angekommen ist? Nichts tun können. An-gewiesen sein auf etwas Größeres, das nicht aus der eigenen Kraft kommt.
Der Karsamstag war nicht das Ende der Jesus-Bewegung, obwohl damals alles da-nach aussah. Doch das wissen wir heute – die trauernden Freunde Jesu, sie hätten uns glatt für verrückt erklärt, wenn’s ihnen einer gesagt hätte. Mit Recht, denn vor ihren Augen stand nichts als das Grab.
Auch vor meinen Augen stehen oft nur Gräber, Gräber von Menschen, von Hoffnun-gen, von Träumen… Ob es auch da mehr gibt als das, was ich sehe? Ich hoffe es so sehr.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5760
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