Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Riech mal. Ich riech nach Engel“, sagte neulich mein vierjähriger Sohn und hielt mir seine Hände unter die Nase. Nach Engel? Ich war etwas erstaunt. Dann hab ich begriffen, was er meinte. Er hatte sich die Hände mit einer Seife gewaschen, die vor einigen Wochen in seinem Adventskalender war, und die hatte die Form eines kleinen Engels.
Auch ohne Engelseife haben Kinder etwas Engelhaftes, finde ich. Das geht vielen Menschen so. „Sieht sie nicht aus wie ein kleiner Engel?“, sagt z.B. die Mutter, wenn sie ihr kleines Mädchen besonders süß findet. Und sehr oft werden Engel in der Kunst oder in der Werbung als Kinder dargestellt.
Die Bibel sagt von den Engeln: Sie gehören in die Welt Gottes. Gott schickt sie, um uns Menschen Botschaften zu überbringen. In der Bibel steht zwar nicht, dass die Engel wie Kinder aussehen oder dass alle Kinder Engel sind, aber ich glaube, dass uns auch die Kinder eine Botschaft von Gott bringen.
Jesus hat das jedenfalls so gesehen. Und auch so gesagt. Zum Beispiel als einige Frauen kleine Kinder zu ihm brachten. Sie wollten, dass er sie segnet. Aber seine Jünger fuhren die die Frauen an: „Stört unseren Meister nicht. Schert euch weg. Jesus hat besseres zu tun, als sich mit Euern Bälgern abzugeben“.
Kinder galten damals in Palästina nicht besonders viel. Die Kindheit als eigenen Lebensabschnitt, wie wir das heute sehen, kannten die Menschen damals nicht. Kinder, das waren: noch keine Erwachsenen. Kleine Kinder galten als unvernünftig und sollten so schnell wie möglich vernünftig werden. Wichtig für die Familie wurden Kinder erst, wenn sie selbst auf dem Feld oder im Haus mithelfen konnten. Die Kindheit selbst hatte keinen Wert.
Aber Jesus sagte zu seinen Jüngern: „Halt. Die Kinder, die ihr nicht beachtet und wegschicken wollt, bringen euch eine wichtige Botschaft von Gott. Gerade für solche Kinder ist die Welt Gottes. Und wer sie nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen“.
Ich glaube, Jesus meinte damit die Fähigkeit der Kinder, sich etwas schenken zu lassen. Kinder können sich noch nichts verdienen. Sie leben ganz von der Fürsorge ihrer Eltern. Wenn sie etwas brauchen, bitten sie ihre Eltern darum, und wenn sie es bekommen, freuen sie sich darüber. Davon sollten wir Erwachsenen uns eine Scheibe abschneiden, meint Jesus. Wenn sich Menschen mit ihrer Bedürftigkeit und ihren Sehnsüchten so an Gott wenden, wie ein Kind an seine Mutter oder seinen Vater. Wenn sie empfangen, was Gott ihnen schenkt und sich darüber freuen, dann ist das Reich Gottes da, jedenfalls ein Stück davon.
Das ist die Botschaft, die uns die kleinen Engel bringen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=570
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