Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Hunderte von Politikern aus Europa und Nordamerika sind zum 60. Natogipfel nach Baden-Württemberg gekommen, um über Fragen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu beraten. Es kommen aber auch Leute, die nicht einverstanden sind mit den Beschlüssen der Nato. Viele sind gegen den Einsatz der Nato-Soldaten in den verschiedenen Krisengebieten der Welt. Sie haben Demonstrationen angekündigt.
Aber die Regierenden werden sie nicht hören. Sie werden in ihren Beratungen unter sich bleiben. Denn groß ist die Angst vor Terroranschlägen auf die Politiker. Und vielleicht auch berechtigt.
Zäune, Schranken, Polizeikontrollen halten die Protestierenden fern von den Politikern. Schade eigentlich, dass man anscheinend keinen Weg finden kann, Politiker und Demonstranten zusammen zu bringen. Ich finde, es würde den Politikern gut anstehen, auch ein offenes Ohr zu haben für die, die anderer Meinung sind, als sie.
Ich wünsche mir für den Nato-Gipfel, dass die Politiker auch innerhalb ihrer Sicherheitszäune mitbekommen, was die Menschen draußen ihnen sagen wollen. Und dass die, die die Macht haben, zu entscheiden über Wohl und Wehe der Völker, über Krieg und über Frieden, über militärische Angriffe oder zivilen Wiederaufbau, dass sie mitbekommen, wovor die Menschen draußen Angst haben. Und was sie darum anders haben möchten. Und dass sie den Mut haben, ihnen zuzuhören. Auch dann, wenn sie aus Sicherheitsgründen ihre Konferenzräume nicht verlassen können.
Seit der Zeit der ersten christlichen Gemeinden hatte das „Fürbittengebet für die Regierenden“ einen festen Ort im Gottesdienst. Das Kreuz Jesu, das in jeder Kirche zu sehen ist, erinnert daran, wie schrecklich die Staatsgewalt ihre Macht missbrauchen kann.
Ich finde diese frühkirchliche „Fürbitte für die Regierenden“ heute beim Natogipfel eigentlich wieder sehr passend.
„Du Gott, lenkst die Herzen der Menschen. Allen, die Verantwortung tragen, öffne die Augen, Ohren und Herzen, dass sie einsehen, was dem Menschen und dem Wohl der Völker dient. Mache sie und uns bereit, Frieden und Versöhnung zu stiften.“*

* Evangelisches Gesangbuch, Ausgabe für die Evangelische Landeskirche in Baden, Nr. 810.6
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5693
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