Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wer immer mal wieder so richtig„ausmistet“, der macht sich das Leben leichter. Das habe ich in einem Ratgeber gelesen. Und ich finde, da ist etwas dran. Ausmisten hat etwas Befreiendes. Nicht nur in Regalen, Schubladen und Schränken. Auch innerlich tut es gut, sich von altem Kram zu trennen, der einem die Seele zumüllt und das Leben schwer macht.
Aber geht das? Kann man in der „inneren Wohnung“ genau so ausmisten wie in den äußeren vier Wänden?
Johannes Tauler, ein Mönch aus dem 14. Jahrhundert, hat dazu einen Vorschlag. Und weil er schon im 14. Jahrhundert gelebt hat, kennt er aus eigener Erfahrung eher das Ausmisten in einem Pferdestall, als das Ausmisten in den Schränken eines modernen Haushalts. Doch den inneren Mist, den kennt er genau so gut wie wir heute.

Sein Vorschlag lautet:
Das Pferd macht im Stall den Mist,
und obgleich der Mist Unsauberkeit und üblen Geruch an sich hat,
so zieht doch dasselbe Pferd
denselben Mist mit großer Mühe auf das Feld;
und daraus wächst der edle schöne Weizen und der edle süße Wein,
der niemals wüchse, wäre der Mist nicht da.
Nun, der Mist, das sind deine eigenen Mängel,
die Du nicht beseitigen, nicht überwinden, noch ablegen kannst,
die trage mit Mühe und Fleiß auf den Acker Gottes….
Streue deinen Mist auf dieses edle Feld,
daraus sprießt ohne allen Zweifel in demütiger Gelassenheit
edle, wonnigliche Frucht auf."

Ich finde das beruhigend. Mein eigener Mist soll notwendig sein, damit
Gott etwas Gutes daraus wachsen lassen kann. Wenn das so ist, dann lohnt sich doch so ein inneres Ausmisten allemal. Vielleicht, indem ich alles noch einmal aufschreibe, um es dann endgültig zur Seite zu legen. Oder jemanden ganz gezielt um Gespräch bitten und am Ende sagen: Jetzt mache ich mir keinen „dicken Kopf“ mehr und auch keine Sorgen. Jetzt gebe ich das alles in Gottes Hand. Mit unseren Konfirmanden haben wir einmal ihre Mist-Zettel verbrannt. Begleitet von einem Gebet, dass Gott vergeben möge, was wir falsch gemacht haben.
In der eigenen Seele auszumisten kann ziemlich anstrengend sein. Das Pferd von Johannes Tauler hat ja auch ziemlich geschwitzt, bis es den ganzen Mist auf dem Acker Gottes hatte. Aber es tut gut, ihn los zu sein- die Fehler, die Schwächen, den ganzen „Mist“ eben, den ich gelegentlich baue. Das alles kann ich vor Gott abladen und bitten: Mach du Gott, etwas Besseres daraus, als ich es konnte.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5689
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