Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Hoffentlich sieht mich keiner, denke ich manchmal, zum Beispiel wenn ich ins Kino gehe um den neuesten James Bond Film zu sehen. Ich finde James Bond Filme klasse, ich ha-be sie alle gesehen. Aber im Kino bei James Bond möchte ich nicht erwischt werden. Ir-gendwie käme ich mir bloß gestellt vor mit dieser Vorliebe. Was würden die Leute den-ken, die mich da sehen zwischen den halbstarken Jugendlichen? James Bond Filme gucke ich am liebsten da, wo ich mich verstecken kann, irgendwo im Multiplexkino in einer fremden Stadt. Wo mich keiner kennt.
Ich bin sicher, dass das nicht nur mir so geht. Ich vermute, dass viele Menschen solche Eigenarten haben, bei denen sie nicht erwischt werden möchten. Wie Adam und Eva im Paradies. Die haben sich auch versteckt, als sie plötzlich bemerkt haben, wie nackt sie sind. Und fanden, dass das ein Grund ist, sich zu schämen. So sollte sie niemand sehen. Dabei war doch nichts dabei. Gott hatte sie so geschaffen. Aber sie wollten sich so nicht sehen lassen. Konnten nicht zu dem stehen, wie sie waren. Schämten sich dafür. Und haben sich versteckt.
Ich weiß, wie das ist, wenn man Angst hat, dass einen jemand sieht. Das Leben ver-kümmert, wenn man sich verstecken muss mit seinen Vorlieben und Schwächen, mit sei-nen Bedürfnissen und Eigenarten. Dabei ist das mit dem Kino ja eine Kleinigkeit. Es gibt Menschen, die meinen, sie müssten viel mehr von sich verstecken.
Die Bibel erzählt dann, dass Gott seine Menschen sucht. „Adam, wo bist Du?“ (Gen 3, 9) fragt er. Und man begreift, das ist keine Kontrollfrage: „Wo bist du, was machst du denn da?“ Gott macht sich wirklich Sorgen. Denn als er sie findet, die beiden Menschen, die sich nicht ok finden können, da macht er ihnen Kleider. Kleider, damit sie sich nicht schämen müssen. Und man begreift: schlimm ist nicht, dass sie nackt sind. Schlimm ist, dass sie angefangen haben, einzuteilen. Das ist gut – das ist schlecht. Sie haben gelernt zu unterscheiden und nun machen sie Unterschiede. Teilen selber ein, was sie richtig fin-den und was falsch. Und finden eben: nackt ist schlecht. Deshalb schämen sie sich. So wie ich finde: Effi Briest im Kino wäre gut, Die Buddenbrooks auch – aber James Bond ist irgendwie verkehrt. Nicht das richtige. Was werden die Leute denken?
Wo bist Du? Die uralte Frage Gottes an seine Menschen erinnert mich: ich muss mich nicht verstecken mit meinen Vorlieben und Eigenarten. Solange sie niemand anderem schaden, muss ich mich auch nicht schämen für meine Ticks und Macken. So bin ich e-ben. Das gehört zu mir. Warum also soll ich nicht zugeben: Ja, ich bin Fan von James Bond. Und ich freue mich schon auf den nächsten Film

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