Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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In Karlsruhe ein Fan vom VFB Stuttgart zu sein, das ist nicht einfach, sagt man mir. Da muss man sich manche blöde Bemerkung anhören. Und umgekehrt ist es vielleicht noch schwieriger.
Was also tun? Viele, nehme ich an, werden einfach gar nichts tun. Nichts sagen. Es muss ja niemand merken, für welchen Verein mein Herz schlägt. Geht ja keinen was an und ich habe meine Ruhe. Aber so richtig zu Hause sein kann man dann nicht, glaube ich. Ir-gendwie bleibt das Leben grau und farblos, wenn ich verstecken muss, was zu mir gehört und was mir wichtig ist. Und für manche ist Fußball ja ein sehr wichtiger Teil ihres Le-bens.
Wahrscheinlich würde das Leben farbiger und bunter, wenn man in solchen Situationen den Mut hätte, Farbe zu bekennen. Ich bin für die Roten aus Stuttgart. Oder eben für die Blauen aus Karlsruhe.
Farbe bekennen, damit das Leben nicht farblos wird und mit der Zeit irgendwie leblos wird.
In einer viel schwierigeren Situation hat der Abraham das auch nicht gekonnt: Farbe be-kennen. Konnte nicht sagen, was eigentlich los ist, weil er Schwierigkeiten befürchtete. Er kam mit seiner Frau und großem Clan in ein fremdes Land, in seinem Fall nach Ägyp-ten. Seine Frau war schön, erzählt die Bibel. Und Abraham, offenbar kein großer Held, befürchtet Schwierigkeiten. Dass ein Herrscher den unbequemen Ehemann aus dem Weg schafft um die Frau für sich zu haben, das war damals keine Seltenheit. Da macht Abra-ham seiner Frau einen Vorschlag, der für unsere Ohren mehr als gewöhnungsbedürftig ist: „Lass uns doch sagen, du seist meine Schwester,“ schlägt er ihr vor, „damit wir keine Schwierigkeiten kriegen“ (Gen 12, 10ff). Genauer: „damit ich keine Schwierigkeiten krie-ge“. Es dauert nicht lange, da wird Sarah auch wirklich in den Harem des ägyptischen Königs geholt. Ich will gar nicht darüber nachdenken, wie sie das gefunden hat. Dazu kommt: es gedeiht nichts mehr in diesem Land. Für keinen. Das Leben verkümmert. Und als die Wahrheit herauskommt, zeigt sich: Abrahams ängstliches Versteckspiel wäre gar nicht nötig gewesen. Seine Ängste waren offenbar unbegründet.
Manchmal ist es wichtig, Farbe zu bekennen, damit das Leben gut werden kann: Ja, ich bin Fan vom KSC! Ja, ich glaube an Jesus Christus, ja, ich gehe sonntags zur Kirche – na und?? Meine Erfahrung ist: Wenn man zu dem steht, was einem wichtig ist, findet das meistens Verständnis und sogar Anerkennung. Ich kenne einen VFB Anhänger, der hat viel Spaß in seinem Büro in Karlsruhe, seit er sich auf die Frozzeleien seiner Kollegen tap-fer und humorvoll einlässt. Die wissen jetzt: der ist wie wir. Der hat ein Herz für den Fußball. Das schlägt für die Roten. Und das ist gut so.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5623
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