SWR4 Abendgedanken BW

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Kaum recht im Hafen angekommen,
hat Jona schon das Schiff erklommen,
das in der sachten Dünung rollte
und bald nach Tharsis fahren sollte,
und Jona, um die Fahrt zu buchen,
ließ eifrig nach dem Käp’ten suchen.

Dann ging es los, man stach in See,
und Jona seufzte: ‚Nun, adieu!
Zwar weiß ich nicht, ob’s etwas nützt,
doch bin ich erst mal ausgebüchst.
Den Weg nach Ninive zu wagen,
das schlug mir mächtig auf den Magen,
und wenn es selbst dem Herrn missfällt:
ich bin Prophet, jedoch kein Held!
Mag er `nen wirklich Tapfren finden,
um Ninive Gericht zu künden.
Ich reiße aus, so bin ich eben:
bin lieber feig und bleib am Leben.’

Allein, der Herrgott grollte sehr
und schickte einen Sturm daher,
der sollt’ das Schiff in Seenot bringen
und Jona zum Gehorsam zwingen.
Es brauste tüchtig übers Deck,
kein Ding blieb mehr an seinem Fleck,
Matrosen taumelten und schrieen
in dem verzweifelten Bemühen,
mit Stricken und mit schweren Ketten
noch dies und jenes Gut zu retten,
indem sie’s an die Masten banden.
Trotzdem ging allerlei zuschanden.

Dann lief’s bei ihren großen Nöten
gemäß der Weisheit: Not lehrt beten!
Sie fielen hin auf ihre Knie
und alle Götter riefen sie
und riefen jeder, Mann für Mann,
`nen andern Gott um Hilfe an.
Und wie sie sich auch immer mühten -
die Frommen und die Abgebrühten –
es fand doch kein Gebet Gehör:
der Sturm zog wütend übers Meer.
Nun schrie der Käpt’n: ‚Los, sofort
werft allen Ballast über Bord! -
Man tut’s. Das Wetter wird darüber
jedoch nicht lichter, sondern trüber.
Der Käpt’n brüllt: ‚Für solche Pein
muss irgendeiner schuldig sein.
Ein Gott mag irgendwen nicht leiden
und wen, dies soll das Los entscheiden.’
Man tritt zusammen und im Nu
holt man den Jona auch dazu.
Der kommt heran, bedeckt von Schweiß,
weil er schon eine Weile weiß:
er muss es jetzt ganz schrecklich büßen,
dass er vor Gott ist ausgerissen.
Und deshalb wundert’s ihn nicht groß:
er trägt die Schuld, ihn trifft das Los.
Er weiß, dass er verkehrt gehandelt,
bereut’s und steht jetzt wie verwandelt
ganz ohne Angst, mit großem Mut
und sagt: ‚So wie es kommt, ist’s gut.
Werft mich hinab ins tiefe Meer
und nehmt es bitte nicht so schwer!
Denn wenn mein Gott mich haben will,
dann stellt er Sturm und Wasser still,
und mich, soll ich denn weiter leben,
wird aus den Tiefen er erheben
hinauf aufs Land, dank seiner Hände,
dass ich nach Ninive mich wende.’
Die Männer tun, was sie tun müssen.
Sie tun’s mit ängstlichem Gewissen,
doch kaum ist Jona über Bord,
sind Sturm und Not und Wellen fort.
Und Jona schwimmt auf feuchten Wegen
dem Gott, der rettet, stracks entgegen.


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Verlag der Evang. Gesellschaft https://www.kirche-im-swr.de/?m=5427
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