Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Können Wörter eigentlich sterben? Wenn sie nicht mehr ausgesprochen werden, nicht mehr geschrieben… wenn sie allmählich in Vergessenheit geraten?

Vor einem Jahr wurde in einem Wettbewerb nach dem „schönsten bedrohten Wort“ gefragt. Rund 3.000 Vorschläge wurden von überallher eingereicht. Begriffe wie Labsal, Backfisch oder Lichtspielhaus. Worte wie Sommerfrische, Dreikäsehoch und Augenstern. Auch so wunderschöne Ausdrücke wie hanebüchen, blümerant und hold.

Auf den ersten Platz wählte die Jury das Wort „Kleinod“. Für diese Einsendung gab es als Trophäe, den gläsernen „Käseigel“ (Übrigens auch ein Wort, das vom Aussterben bedroht ist.)
Wörter schmecken nach Heimat, riechen nach Erde, erzählen vom Wind in den Zweigen, klingen nach Zuhause. Sie sind sinnlich und zart, zerbrechlich und scheu. Gerade aussterbende Wörter verdienen Aufmerksamkeit, denn sie erzählen Geschichten. Erzählen, wie sich die Welt damals anfühlte, als sie in aller Munde waren. Haben eine Erinnerung daran, wie die Welt ohne Autos und Flugzeuge aussah und kannten noch den gemeinsamen Feierabend auf der Maaje-Bank unter der Dorflinde, und sonntags den Kirchgang.

Die Zeiten ändern sich, und oftmals wissen wir gar nicht mehr, was die Worte bedeuten. Wer weiß noch, dass „Kleinod“ einstmals ein Schmuck am Helm einer Ritterrüstung war?

Was kann man tun, um solche sprachlichen Schätze wie Gänsewein, Nasenfahrrad oder Ratzefummel zu retten?

Man kann sich eins oder mehrere aussuchen. Sie – wenigstens für eine Zeit – zu seinen Lieblingsworten erklären und sie weitergeben: Im Munde führen und weitersagen. Damit unsere Sprache bunt, reich und vielgestaltig bleibt und damit solche sprachlichen Kostbarkeiten weiter zu unseren Habseligkeiten gehören.

Und es gibt noch einen Grund, weswegen man sie pflegen soll, diese kleinen, aussterbenden Juwelen: In ihnen spiegelt sich die Liebe wider, mit der wir unserer Welt begegnen. Die Liebe zu einer Welt, von der wir wissen, dass sie Gottes zerbrechliche Schöpfung ist. Jedes dieser Worte ist eine liebevolle Verneigung vor unserem Schöpfer.

Steckenpferd, Groschen, Augenweide – Obacht, Mumpitz, Firlefanz – Bandsalat, Schabernack, fürderhin – Anmut, Demut, Kaltmamsell.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5379
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