SWR1 3vor8

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Ich bin Peter Kottlorz von der Katholischen Kirche. Einen schönen guten Morgen!

„Das Bier ist alle“, mit Sätzen wie diesen hat die Zeitung mit den großen Buchstaben vor kurzem auf Plakaten für sich geworben. Und darunter stand: „Einer muss die Wahrheit sagen“. Geklaut, aber gut geklaut.
Diese urpeinliche Wahrheit steht schon im Johannesevangelium, das heute in den katholischen Kirchen gelesen wird. Natürlich geht es da nicht um Bier, sondern um Wein.
Bei der berühmt berüchtigten Hochzeit zu Kanaan ist der Wein ausgegangen. Und der Mensch, der diese Verlegenheit zuerst bemerkt ist die Mutter Jesu. Und es ist eine wirklich große Verlegenheit. Man stelle sich vor: Bei einer Hochzeit! (Und eine jüdische Hochzeit dauerte eine Woche. Da wurde richtig gefeiert, mit einer riesen Hochzeitsgesellschaft, mit bestem Essen und natürlich viel gutem Wein. Also ein großes Fest, zu dem der Wein gehört wie das Ja-Wort zur Heirat.) Maria, die Mutter Jesu, bemerkt also als erste, dass der Wein ausgegangen ist und sagt es ihrem Sohn, von dem sie weiß, dass er besondere Fähigkeiten hat. Und der handelt – nach kurzem Zögern: Er sagt den Dienern, sie sollten 6 große Steingefäße randvoll mit Wasser füllen. Jedes dieser Steingefäße fasste rund 100 Liter und danach sollten sie es dem für die Hochzeit Verantwortlichen(, also dem Caterer, bringen). Als dieser die Flüssigkeit probiert ist es der köstlichste Wein.
Wunder? Legende? Hokuspokus? Es gibt verschiedene Interpretationen dieses Weinwunders. Die eine sagt, der Erzähler der Geschichte habe sich von der jüdischen Herkunft Jesu abgrenzen wollen. Diese stehe für das Wasser und Jesus für den Wein.
Eine andere besagt: Glasklar, Jesus war der Sohn Gottes und deshalb muss es ein Klacks für ihn gewesen sein, das bisschen Wasser in Wein zu verwandeln.
Die mir liebste Interpretation ist: Wasser steht bei dieser Geschichte für das Gewöhnliche, den grauen Alltag. Wein steht für Farbe, Fest und Freude. Die Anwesenheit Jesu bei der Hochzeit zu Kanaan verwandelt die Festgemeinschaft. Seine tiefe Verbundenheit mit Gott und damit seine tiefe Lebensfreude, seine Vitalität und Seligkeit strahlen aus, stecken an und so bekommt das Leben Geschmack, Sinn und Tiefe. So wird Wasser zu Wein.
Es geht also nicht um Hokuspokus bei der Hochzeit zu Kanaan, sondern um den Sinn und die Sinnlichkeit des Lebens. Das tiefer, intensiver wird, wenn Höheres, Göttliches ins Spiel kommt.
Einen schönen Sonntag wünsche ich Ihnen! https://www.kirche-im-swr.de/?m=528
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