SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

„Guten Morgen“ tönte es mir fröhlich entgegen, als ich in den Linienbus einstieg. Sichtlich aufgeräumt und gut gelaunt begrüßte der Fahrer jeden Fahrgast. Gerade so, als wären es alte Bekannte, die er länger nicht gesehen hat. An jeder Haltestelle wiederholte sich das Spiel. Die meisten Passagiere, die nach mir einstiegen, schienen erst irritiert, dann angenehm überrascht. Der ein oder andere lächelte sogar. Während meiner kurzen Fahrt, kam im Bus beinahe eine gelöste Stimmung auf, wo Menschen normalerweise stumm dasitzen und einen allzu direkten Kontakt tunlichst meiden. Da sahen sich plötzlich wildfremde Menschen an oder wechselten sogar ein Wort. Dabei hatte der Mann ja nichts weiter gemacht als nur fröhlich „Guten Morgen“ gesagt.
Eigentlich ist das gar nicht so schwer mit der Nächstenliebe. Man muss es am Anfang ja nicht übertreiben. Also sofort demjenigen Gutes tun, der mich hasst, wie es in der Bibel heißt. Oder dem, der mich auf die rechte Seite schlägt, auch noch die linke hinhalten. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst, heißt es da. Das meint doch erst mal nichts anderes, als auf mich selbst zu achten. Denn nur, wer mit sich selbst im Reinen ist, sich selber also lieben kann, kann davon auch weitergeben. Gute Laune auf Knopfdruck, wenn uns gar nicht danach ist, macht Menschen auf Dauer nur krank. Wenn es uns aber gut geht, dann können und sollen wir das nicht für uns behalten, sondern auch anderen davon abgeben, die es vielleicht gut gebrauchen können. So, wie jener Busfahrer an einem trüben Wintermorgen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5274
weiterlesen...