Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Heute startet sie wieder, die „Vesperkirche“. Mitten in Pforzheim, wird die Stadtkirche für vier Wochen zur Vesperkirche – so wie übrigens auch die Leonhardtskirche mitten in Stuttgart. Jeden Tag zwischen halb elf und kurz nach drei duftet es ab sofort nicht nach Kirchenbänken oder Weihrauch, sondern nach frischem Mittagessen. Ab sofort kann man für einen Euro ein warmes Essen bekommen – Kinder zahlen nichts – Kaffee, Tee, Kuchen und sogar ein Vesper zum Mitnehmen gibt es kostenlos dazu.
Für diese vier Wochen ist die Kirche wirklich eine Kirche für Menschen ohne Arbeit, für alte und junge mit wenig Geld, für benachteiligte Kinder und Familien, für einsame, belastete und erschöpfte und überhaupt für alle, die Hilfe, Wärme und Gemeinschaft suchen. Für diese vier Wochen wird deutlich, dass Kirche weit mehr zu bieten hat als fromme Gebete und feierliche Gottesdienste.
Aber warum muss diese Aktion mitten in der umgeräumten Kirche statt finden? Gäbe es dazu nicht auch neutralere Räume?
Vielleicht liegt es am Motto der jetzt schon 10. Vesperkirche in Pforzheim: „So seid ihr nun nicht mehr Gäste oder Fremdlinge sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.“
Ihr seid nicht mehr Gäste oder Fremdlinge sondern Mitbürger… Wenn es hier nur darum ginge, irgendwelchen Hilfsbedürftigen ein warmes Essen zu spendieren, könnte das auch in irgendwelchen Räumen geschehen.
Aber es geht um viel mehr: zum einen sind die Leute, die sich an den Tischen niederlassen keine Fremden. Diese Stadtkirche ist ihre Kirche. Ganz egal, ob sie Kirchensteuern zahlen, evangelisch, katholisch oder einer Freikirche angehören. In der Kirche, dem Hause Gottes, gibt es keine Gäste oder Fremde. Alle Menschen - das ist unsere christliche Überzeugung – alle Menschen sind Gottes geliebte Geschöpfe.
Manche haben das schon erkannt und gehen gerne in die Kirche. Andere können das nicht glauben. Aber trotzdem sind sie alle in diesem Hause Gottes willkommen, es ist auch ihr zuhause.
Und das andere ist ebenso wichtig. Diese Aktion gehört mitten in die Kirche, damit allen treuen sonntäglichen Kirchgängern neu deutlich wird, dass Gottes Liebe viel weiter reicht als unser Blick. Bei ihm gibt es eben keine Gäste und Fremden, die wir im Nebenraum abspeisen könnten.
Über 500 Essen werden ab heute jeden Mittag ausgegeben und das mitten in einer Kirche. Ich muss dabei an einen Satz aus dem Abendmahl denken: „Schmecket und sehet, wie freundlich Gott der Herr ist“.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=5269
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