Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Falsch geparkt. Doch ich bekomme keinen Strafzettel. Ein freundlicher Polizist zeigt mir den Weg zum nahegelegenen Parkplatz. Ja, so etwas gibt es. Eine Gemeinde im Badischen (Wössingen bei Bretten) leistet sich noch einen Posten mit einem Polizeibeamten. Er ist präsent am Ort, jeder kennt ihn. Er kümmert sich besonders um Jugendliche mit einem schwierigen sozialen Hintergrund. Er spricht mit ihnen und beugt so mancher Straftat vor. Mich beeindruckt das. Und ich werde traurig, wenn ich daran denke, was sich gerade in ländlichen Gegenden und in kleinen Gemeinden abspielt: Polizeiposten werden aufgelöst, Schulen und Poststellen geschlossen. Arztpraxen, Kneipen und Tante-Emma-Läden haben keine Zukunft mehr. Verwaltungen werden in größere Städte verlegt und Pfarrer werden abgezogen. Mangels Personal werden katholischerseits die Seelsorgeeinheiten immer größer und damit unpersönlicher. Viele Orte sind zu öden Behausungen geworden. Mir grauts. Bei so viel Anonymität und Kälte läuft es mir kalt über den Rücken. Wir leben nicht von Strukturen, nicht von Verwaltungs-, Schul- und Kircheneinheiten. Wir brauchen Nähe und Ansprechpartner: Polizisten, Ärzte und Bürgermeister, Lehrer, Apotheker und Pfarrer. Wir brauchen Möglichkeiten, miteinander zu reden und einander zu begegnen. So wundert es mich auch nicht, dass bei uns Heimat zu einem der beliebtesten Worte geworden ist. Heimat ist für viele das neu gewonnene Gefühl, zu wissen, wo man hingehört. Heimat: Was mich prägt, wo mein Herz zuhaue ist. Heimat: Eine Arbeit, die ich gerne tue. Eine Wohnung, in der ich mich wohl fühle. Heimat: Wo ich angenommen bin und mich geborgen weiß, wo ich Freunde habe. Das bestätigen psychologische Untersuchungen. Danach fühlen sich Menschen dann am häufigsten und am intensivsten glücklich, wenn sie mit anderen zusammen sind. Liebe und Freundschaft, Geselligkeit und Kameradschaft – einander behilflich sein, sich aussprechen können, gemeinsam etwas unternehmen – das seien im Leben der meisten Menschen die Eckpfeiler des Glücks. Bei allen Enttäuschungen erweisen sich gute Beziehungen und soziale Kontakte als tragfähig gegenüber Depression, Angst und Einsamkeit. Und viele suchen noch immer oder wieder nach einer spirituellen, nach einer religiösen Heimat. Und das nicht neben dem Leben her, nicht abgehoben vom Leben, auch nicht in anonymen Strukturen, sondern dort, wo die Menschen leben, wo sie Zuhause sind.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=5050
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