SWR1 3vor8

SWR1 3vor8

Ich bin Peter Kottlorz von der Katholischen Kirche. Einen schönen guten Morgen!
Alles, überall - und das sofort. Das ist nach Ansicht mancher Medienforscher das Bewusstsein, das durch das Internet gefördert wird. Dass man durch dieses Medium immer alles bekommen kann, was man will, wo man will und wann man es will. Kritische Medienforscher sprechen vom Verlust der Vorfreude bei jungen Leuten, weil sie dieses Alles, Überall und Sofort schon stark verinnerlicht hätten. Natürlich werden junge Leute nicht nur durch das Internet geprägt und ich will auch dieses unglaublich praktische Medium nicht schlecht reden, aber - das mit dem Verlust der Vorfreude hat mich nicht losgelassen, weil Vorfreude doch so was schönes ist. Heute ist der dritte Advent. In der Kirchensprache heißt er auch Gaudete, Freut Euch! Der Advent ist eine Vorbereitungszeit, eine Wartezeit auf das Fest der Geburt Jesu. Und dazu gehört auch die Freude beim Warten, die Vorfreude. Da hört man heute in den Katholischen Kirchen uralte Texte wie den des Propheten Jesaja, der sich von Herzen freuen will über den Herrn, dessen Seele jubeln soll über seinen Gott. Er sieht sich in Gewänder des Heils gekleidet, in den Mantel der Gerechtigkeit gehüllt. Alte, schöne, visionäre Glaubensbilder. Euphorische Bilder – ja, das gehört auch zum Glauben. Aber da zucke ich auch gleichzeitig ein wenig zurück, weil der euphorische, weltvergessene, abgehobene Glauben nicht meiner ist. Man kennt das ja, schon vom Alltag, wenn oft die Vorfreude schöner ist als der Genuss oder das Beste am Urlaub die Planung. Da trübt die Brüchigkeit des Lebens die Freude ein, da bremst die so genannte Wirklichkeit die Euphorie. Aber trotzdem bricht sie immer wieder durch: Die ungetrübte Freude. Gott sei Dank! Und gerade in der Vorfreude steckt diese wunderbare, unausrottbare Sehnsucht, dass es diesmal tatsächlich so schön wird, wie ich es mir vorgestellt, gewünscht oder erhofft habe. Und gerade beim Glauben, wo es um die großen unverkürzten, endgültigen Träume, Sehnsüchte und Hoffnungen geht, will ich die Vorfreude auch immer wieder zulassen.
Ich hab’ ein Alltagsbild für diese Vorfreude. Wenn ich in diesen dunklen Dezembertagen manchmal müde und hungrig von der Arbeit nach Hause fahre, dann freu’ ich mich auf ein gutes Essen und einen gemütlichen Feierabend. Wenn dann der Tisch liebevoll gedeckt ist, das Feuer im Ofen brennt und die Menschen da sind, die ich liebe, dann ist das für mich der Inbegriff des Heimkommens, des Nachhausekommens. Und ich denke mir, wenn es so was Schönes schon hier in diesem Leben gibt, wie schön muss dann doch das letzte, endgültige Heimkommen sein?!
Einen schönen dritten Advent wünsch’ ich Ihnen! https://www.kirche-im-swr.de/?m=5044
weiterlesen...