Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Für mich eine der berührendsten Geschichten dieses Jahres. Ein Mann mit Tumor im Darm, Metastasen im ganzen Körper und einer Lebenserwartung von 6 Monaten. Welche Diagnose kann schlimmer sein? (Wie würde ich reagieren, was würde ich tun?) Kurt Peipe, ein 65jähriger Gärtnermeister fiel nach dieser Diagnose natürlich in ein tiefes Loch. Aber danach wurde ein Traum, den er schon lange hatte immer stärker: er wollte nach Rom pilgern, zu Fuß, auf dem europäischen Fernwanderweg Nummer 1. – 3.352 Kilometer von Flensburg bis Rom. Alle hielten ihn für verrückt, bei Blutwerten mit denen man eigentlich nur bis zur nächsten Straßenecke kommt. Aber er ging los. Mit halber Kraft wie er sagte. Wichtig sei es den ersten Schritt zu machen, und den zweiten und dann den nächsten. So wanderte der Todkranke mit 30 Kilogramm Gepäck gegen alle Schmerzen, Schwächeanfälle, Kälte und Hitze an. Und – er fühlte sich wohler! „Ich war am Leben und unterwegs“, sagte er, „das feuchte Zelt und der klamme Schlafsack waren mir tausendmal lieber als ein Krankenhausbett. Auf seiner Wanderschaft entdeckte er einen anderen, viel offeneren, leichteren Kurt Peipe als früher und erfuhr, dass die Menschen viel besser sind als ihr Ruf. Wenn er um einen Zeltplatz im Garten gebeten hatte, erhielt er oft ein warmes Bett. Wenn er nach Wasser fragte, ein ganzes Frühstück. Nach 167 Tagen ist er in Rom angekommen, hat es tatsächlich geschafft. Seine Blutwerte haben sich um das Doppelte verbessert und aus einem Todkranken, der eigentlich nur noch 6 Monate zu leben hat, wurde ein Mensch mit dem Gefühl – viel Zeit zu haben. Erfüllte Zeit. Es komme nicht darauf an wie lange man lebe, sondern wie man lebe, hat er gesagt. Und ein Buch über seine Pilgerreise geschrieben. „Dem Leben auf den Fersen“, heißt es. Am Tag als es erschienen ist, ist Kurt Peipe gestorben. https://www.kirche-im-swr.de/?m=4939
weiterlesen...