SWR4 Abendgedanken RP

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Am kommenden Sonntag, dem 1. Advent, wählen die evangelischen Christen in der Pfalz ihre Leitungsgremien neu, die so genannten Presbyterien.
Eine Woche später, am 2. Advent, wird in Speyer der designierte Kirchenpräsident Christian Schad in sein neues Amt eingeführt.
Damit bricht die evangelische Kirche der Pfalz auf zu neuen Ufern.
Was das bedeutet
und was ist den Protestanten der Pfalz wichtig?

Teil I
Alle sechs Jahre werden in den Gemeinden der Ev. Kirche der Pfalz die Leitungsorgane neu gewählt.
Am ersten Advent ist es wieder so weit.
Mehr als eine halbe Million Christen sind aufgerufen, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen und den Weg mitzubestimmen, den die Kirche vor Ort gehen soll.
Für eine protestantische Kirche ist die Wahl zum Presbyterium ein ganz wichtiges Ereignis, das meint der designierte Kirchenpräsident Christian Schad aus Speyer:

Presbyter .... kommt von einem griechischen Wort und heißt eigentlich „der Älteste, die Älteste“. Damit ist gemeint, dass wir neben den hauptamtlichen Theologinnen und Theologen, Pfarrerinnen und Pfarrer eine Kirche sind, die eben vom Priestertum aller Glaubenden herkommt. Die sagt, dass im Grunde alle Menschen, die getauft sind, auch die sind, die auskunftsbereit sein müssen im Blick auf ihren Glauben, die aber auch Verantwortung übernehmen, die Pflichten und Rechte haben.

„Pfarrerinnen und Pfarrer und Presbyterinnen und Presbyter leiten gemeinsam die Kirchengemeinde“, heißt es im § 13 der pfälzischen Kirchenverfassung:
Das Presbyterium, dem auch der jeweilige Gemeindepfarrer angehört, ist sozusagen das Basisorgan des kirchlichen Lebens.

Christian Schad:
Und es besagt eben, dass im Blick auf alle Grunddimensionen kirchlichen Handelns, im Blick auf den Gottesdienst, im Blick auf die diakonische Arbeit, im Blick auf die missionarische Arbeit, die kirchenmusikalische Arbeit eigentlich das Presbyterium dasjenige Gremium ist, in dem die Dinge strukturiert, vorbesprochen aber auch entschieden werden.

Der demokratische Grundzug steckt bereits in den Anfängen der Pfälzischen Unionskirche drin.
Denn sie ist entstanden durch eine Art Volksbefragung, wie wir heute sagen würden.
Man hat schon im Jahre 1818 die damals reformierten und lutherischen Christen der Region abstimmen lassen über ihre Vereinigung zu einer einzigen protestantischen Kirche, und eine überwältigende Mehrheit hat sich damals für eine solche Union ausgesprochen.
Das war die Geburtsstunde der Pfälzischen Landeskirche.

Heute gehören ihr rund 610 000 Menschen an.
Ihr Gebiet erstreckt sich auf der linken Rheinseite von Ludwigshafen bis in den Saarpfalzkreis hinein.
Sie untergliedert sich in 20 Kirchenbezirke mit fast 400 Gemeinden in Rheinland-Pfalz und 32 im Saarland.

Für viele junge Menschen ist die Wahl zum Presbyterium die erste in ihrem Leben.
Wer 14 Jahre alt ist, darf wählen.
Wählbar ist, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat und konfirmiert ist. Nach „oben hin“ gibt es keine Altersbegrenzung.

Christian Schad, seit Mai dieses Jahres neuer Kirchenpräsident der Pfalz:
Ich bin sehr sehr dankbar, dass sich Menschen unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Generationen, aber auch unterschiedlicher Professionen bereit erklärt haben. Auch, dass es Menschen gibt, die bisher eher distanziert zu Kirche stehen....sagen: Nein, es ist ein wichtiges Amt, und ich bin bereit, auch als jemand, der etwas den Blick von außen hat, in diesem Gremium mitzutun.

Insgesamt 5359 Männer und Frauen stellen sich am kommenden Sonntag als Kandidaten zur Verfügung.
So viel Bereitschaft zum Ehrenamt ist ein hoffnungsvolles Zeichen.

Teil II
Wie kommt jemand dazu, sich für die Wahl in das Leitungsorgan einer Kirchengemeinde zur Verfügung zu stellen?
Unter einigen Kandidaten aus der Region der Saarpfalz habe ich mich umgehört:

Hauptmann
Ich kandidiere, weil ich merke, dass es wichtig ist, sich in der Kirche mit einzubringen, um sie am Leben zu erhalten, um sie den Leuten näher zu bringen, vermittelnd noch tätig zu sein zwischen Leuten, die eben noch keinen Bezug zur Kirche haben...

Marx
Ich kandidiere für das Presbyterium, weil ich in den bereits abgelaufenen 2 Perioden, denen ich dem Presbyterium angehört habe, festgestellt habe, dass viele praktische Fragen hier einer entsprechenden Betreuung bedürfen. Bei einer Gemeinde sind bautechnische Fragen und finanzielle Fragen ständig akut.

Hauptmann
Was ich auf keinen Fall machen möchte, ist, mich an Finanz- und Bauausschüssen beteiligen, das ist gar net mein Ding. Was mir liegt, ...ist die Mitarbeit in Organisationsteams.

Reich
Ich kandidiere für das Presbyterium, weil ich der Ansicht bin, dass die Gemeinde nur von den Mitgliedern getragen wird. Und jeder soll seinem Wissen und Können nach etwas einbringen, und das möchte ich tun.

Jörg Henschke ist einer von 13 Kandidaten, die sich am kommenden Sonntag in der Martin-Luther-Kirchengemeinde im saarpfälzischen St. Ingbert zur Wahl stellen.
Für den 38-jährigen kommunalen Jugendpfleger war seine Konfirmation eine Einsegnung auch ins kirchliche Engagement.

Henschke
Nach meiner Konfirmandenzeit wollte ich in der Kirche was weitermachen. Und ich bin dann im Kindergottesdienst-Team in meiner alten Gemeinde eingestiegen und hab dann über 15 Jahre Kindergottesdienst .... gemacht, kam dann beruflich hierher nach IGB, und bin wiederum hier in die Kindergottesdienstarbeit eingestiegen und über die Kindergottesdienstarbeit dann auch hier ins Presbyterium gekommen.

Unterschiedliche Begabungen werden auch nach der Wahl am Sonntag im Presbyterium wieder aufeinander treffen.
Und auf die Mischung wird es ankommen! Aufgabenteilung hat sich als sinnvoll erwiesen.
Wenn die neu Gewählten demnächst in einem Gottesdienst offiziell in ihr Amt eingeführt werden, dann wird ihnen feierlich folgende Frage gestellt:

Wollt ihr dieses Amt in unserer Kirchengemeinde führen gemäß dem Evangelium, wie es die heilige Schrift bezeugt, damit durch euren Dienst die Gemeinde wachse in allen Stücken zu dem hin, der das Haupt ist, Christus, so antwortet: Ja, mit Gottes Hilfe.

Wer Ja sagt, übernimmt Verantwortung. Und zwar für Organisatorisches und Geistliches, beides lässt sich in einer Kirchengemeinde ja nicht trennen.
Es müssen Entscheidungen gefällt werden:
Wofür wollen wir Geld ausgeben?
Sind wir eine offene, einladende Gemeinde, in der auch Neuzugezogene Kontakt finden?
Sind wir eine Gemeinde, die sich um Kinder, um Jugendliche, um alte Menschen kümmert?

Die neu gewählten Presbyterien stehen in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen. Wie der designierte Kirchenpräsident Christian Schad darüber denkt, das erfahren Sie gleich.

Teil III
Am Sonntag wählen die protestantischen Gemeinden in der Pfalz ihre Leitungsgremien, die Presbyterien.

Christian Schad, der designierte Nachfolger von Eberhard Cherdron im Amt des pfälzischen Kirchenpräsidenten:
Was ich mir erhoffe ist, dass viele Protestantinnen und Protestanten wählen! Und das heißt, dass wir eine hohe Wahlbeteiligung haben. Wir standen schon vor 6 Jahren im Blick auf die Evangelische Kirche in Deutschland an der Spitze mit 32 % Wahlbeteiligung. Und meine Hoffnung ist, dass wir dieses gute Ergebnis auch am ersten Advent wieder bekommen werden, vielleicht sogar noch etwas steigern können.

Und das in einer Situation, in der vieles im Umbruch begriffen ist.
Nicht nur in der Kirche, wo aufgrund eines gewissen Alters- und Sterbeüberhanges die Zahl der Mitglieder von Jahr zu Jahr abnimmt und somit auch das Geld weniger wird.

Was für mich sozusagen die Herausforderung darstellt.... ist das, was ich eine Orientierungskrise bezeichnen möchte, die damit zusammenhängt, dass die Weitergabe des Evangeliums und auch Kirche als Institution nicht mehr selbstverständlich im Erbe sind. Und das bedeutet: Dass wir ganz neu fragen müssen, wo finden Menschen, die auf der Suche sind, nach Antworten, nach Halt, nach Orientierung für ihr Leben, wo finden sie bei uns Antworten! Und zwar Antworten, die auch so etwas wie Resonanz in ihrem Leben auslösen und die sie als Lebensgewinn wahrnehmen können.

Der 50- jährige frisch gewählte Kirchenpräsident beobachtet ein neu erwachtes Interesse an Fragen des Glaubens. Und darum muss die Kirche überlegen- auch die Presbyterien - auf welche Weise man heutzutage Menschen mit dem Evangelium vertraut machen kann.
Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen hat in diesem Zusammenhang für Christian Schad einen ganz hohen Stellenwert.
Hier will er als Präsident Prioritäten setzen und wünscht sich das natürlich auch von den Presbyterien.

Es ist wohl Erfahrung, dass Menschen, die als Kinder überhaupt keinen Bezug sowohl zur Sinn- und Wertetradition des christlichen Glaubens bekommen haben als auch zur Kirche selbst, dass sie dann später als Erwachsene sehr schwer auf religiöse Themen oder auch die Kirche ansprechbar sind....

Weil religiöse Erziehung in der Familie heute nicht mehr selbstverständlich ist, sollte die Kirche ergänzend tätig werden. Sie kann zwar nicht das religiöse Moment in einer Familie ersetzen...

... Aber wir haben etwa durch unsere 242 evangelischen Kindergärten, oder auch durch eine breite Kindergottesdienstarbeit die Chance,.... Kinder zu beheimaten in religiösen Landschaften, sie auch mit biblischen Geschichten, mit Liedern bekannt zu machen. Und meine Erfahrung ist, dass häufig die Kinder die Missionare ihrer Eltern sind.

Wenn der Glaube auf diese Weise in den Familien wieder neu zum Thema wird, dann wird sich bei uns etwas verändern, nicht nur unter den Protestanten.
Ich freue mich,
dass sich in der Pfalz so viele ehrenamtlich engagieren.
Denn dadurch bekommt Gottes Freundlichkeit ein ganz menschliches Gesicht. https://www.kirche-im-swr.de/?m=4933
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