Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Zum 2000. Geburtstag des Apostels Paulus

„Was ist Wahrheit?“ – so lautet die letzte Frage, die der römische Politiker Pilatus an Jesus gerichtet hat, bevor er gekreuzigt wurde. (Johannes 18,38) Interessant ist: Jesus hat darauf nicht geantwortet. Und dann ist da der Apostel Paulus. Wie kein anderer hat er den christlichen Glauben von Anfang an geprägt. Dabei ging es Paulus immer um die Wahrheit des Glaubens. Streitbar wie er war, ging er keiner Auseinandersetzung aus dem Weg. Vor 2000 Jahren wurde er in Tarsus in der heutigen Türkei geboren. Um das Jahr 65 ist er als Märtyrer in Rom gestorben. Die katholische und die orthodoxen Kirchen haben 2008 zum Paulusjahr ausgerufen. Die Wahrheit des Glaubens. Es ist noch nicht lange her, da dachten viele noch, dass es wenigstens in den wichtigsten Fragen möglich sein müsse, die Wahrheit zu definieren. – wenn es um Gott, um das Leben und um das Wesen des Menschen geht. Inzwischen haben wir erkannt, dass unsere Gedanken, Fragen und Antworten im Blick auf Wahrheit auch davon abhängen, wie wir gelernt haben zu leben und zu denken. Das gilt auch für den Glauben und für die Theologie. Ein Blick auf das Leben und Wirken des Apostels Paulus kann das verdeutlichen. Sein Glaubensweg führte vom unerbittlichen Verfolger der frühen Christen hin zum einflussreichsten Verkünder der christlichen Botschaft. Diese Wende zeigt einen Menschen, der sich ein Leben lang nach der Wahrheit sehnte und sie suchte. Das beruhigt mich. Es geht immer auch um meinen ganz persönlichen Glauben: Was glaube ich? Was halte ich für wahr? Ich bin überzeugt: Auf dieser Welt besitzt niemand die ganze und reine Wahrheit. Die Wahrheit ist nicht nur auf der einen Seite, und nicht nur auf der anderen. Die Wahrheit des Glauben kann nur von Gott erbeten und im Dialog gesucht werden. Ich fühle mich recht wohl bei solchen Überlegungen. Ich habe und brauche nicht die ganze Wahrheit, wünsche mir aber so viel, dass ich spüre, wo es lang gehen könnte. Und ich möchte Menschen begegnen, die mitgehen. Für mich gehört dieser Satz des Apostels Paulus zu den schönsten: „Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich unvollkommen, dann aber werde ich durch und durch erkennen.“(1 Korinther 13,12)
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