SWR3 Gedanken

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Gestern waren die heiligen drei Könige bei ihr. Jetzt ist sie wieder alleine mit ihrem Mann Josef und dem Kind. Und natürlich den Geschenken. Tolle Geschenke: das Gold, super – damit sind sie finanziell abgesichert. Und Josef kann sich mit einer eigenen Schreinerei selbständig machen. Der Weihrauch – wirklich nette Geste. Normalerweise gibt es den nur im Tempel oder im Palast zu riechen. Duftet wie die Pforten des Himmels. Weihrauch hätten sie sich nie leisten können. Aber was hat sich der üppig gekleidete König bloß mit der Myrrhe gedacht? Myrrhe ist eine dicke Flüssigkeit. Sie tritt aus dem Balsambaum aus, wenn man die Baumrinde anschneidet. Der ölige Saft wird an der Luft schnell fest und bildet weiß-gelbe Tränen, die beim Trocknen rot werden. Flüssig nutzt man Myrrhe heute noch in der Medizin. Sie hilft bei entzündetem Zahnfleisch, weil sie desinfiziert und die Heilung fördert.
Zur Zeit Jesus verwendete man Myrrhe zur Bestattung. Der Leichnam mußte mit Myrrhe eingerieben werden, um ihn widerstandsfähiger zu machen.
Myrrhe ist also gut für Medizin und Bestattung. Als Geschenk zur Geburt hinterläßt das einen bitteren Beigeschmack. Bringt man einem Neugeborenen als erstes Medizin mit, oder gleich was zur Beerdigung? Kein Wunder, dass der Wortstamm von Myrrhe („murr“) „bitter“ bedeutet.
Maria kommt ins Grübeln: Vielleicht ahnt sie etwas davon, dass Jesus einmal die Menschen heilen wird und seine Gegner ihn dafür töten werden. Vielleicht ist es das, was der dritte König schenken wollte. Die Gabe, der Realität ins Auge zu blicken. Weihnachten nicht als Friede, Freude Eierkuchen zu begreifen, sondern als Beginn eines schönen, aber auch leidvollen Weges Gottes mit den Menschen.
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