Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

In den vier Wochen vor und nach den Sommerferien ist es am Schlimmsten, finde ich: Die vielen Termine am Wochenende. Dorffeste, Märkte, Vereinsfeste, Feste zum Schul-jahresabschluss und zum Schulbeginn… Bei so vielem sollte man dabei sein, oft auch noch mithelfen oder einen Kuchen backen. Man kommt kaum nach.
Sicher, vieles könnte man auch lassen. Aber ich will mich doch nicht ausschließen. Meis-tens ist es ja dann auch ganz nett und oft erwarten die Kinder oder sonst jemand, dass ich dabei bin. Aber von manchem Wochenende bleibt nur das Gefühl, dass es anstren-gend war und das viel liegen geblieben ist, was auch noch wichtig gewesen wäre.
Ich habe deshalb am Wochenende einen Termin, den ich nur sehr ungern und ganz sel-ten ausfallen lasse. Sonntagmorgens um 9:30, manchmal auch erst um 11:00. Da ist Gottesdienst. Das ist ein Termin, der mir gut tut, gerade, wenn die Wochenenden so voll sind.
Schon das Glockenläuten finde ich schön. Für mich klingt das, seit ich ein Kind war, im-mer ein bisschen nach Freiheit: volltönend und gemächlich lassen sie sich Zeit – ganz anders als der schrille Wecker oder die Schulglocke an den Wochentagen, die immer ir-gendwas Anstrengendes und Angestrengtes hatten. Und der Gottesdienst selber, die Stunde in der Kirche: das ist für mich wirklich Freizeit. Da kann ich sitzen und niemand will was von mir. Ich brauche bloß da zu sein. Ich kann zuhören, aber wenn meine Ge-danken abschweifen, ist das auch nicht schlimm. Freizeit. Frei von all dem, was ich muss oder jedenfalls müsste. Frei von den Erwartungen der anderen. Ich bin frei – frei für Gott. Der unterbricht im Gottesdienst meine Gedanken und Sorgen. Der füllt mein Herz mit was anderem. Der lenkt meine Gedanken auf neue Wege. Und auf einmal sieht alles ganz anders aus.
Ganz oft habe ich das schon erlebt im Gottesdienst, manchmal auch danach, in den Be-gegnungen mit Menschen, die ich dort getroffen habe. Auf einmal war da eine Idee, die ich vorher nicht hatte. Jemand hat mir einen Rat gegeben und das, was mir solche Sor-gen gemacht hatte, war plötzlich ganz einfach zu lösen. Und vor allem: irgendwie war mein Herz weit geworden und die Gedanken auch – vielleicht durch die Musik, vielleicht durch das Licht, vielleicht durch die guten Worte. Manchmal weiß ich selber nicht recht, was es war.
Jedenfalls ist der Sonntag anschließend mehr als nur die Fortsetzung des Alltags mit an-deren Mitteln. Auch wenn noch viel los ist: die Unterbrechung hat mir gut getan. Der Gottesdienst ist für mich eine Quelle für Lebensfreude. Und ich freue mich oft die ganze Woche auf den Sonntag.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=4478
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