SWR Kultur Wort zum Tag
»Die Meile der Religionen«: Seit einigen Jahren führt sie einmal im Jahr mitten durch die Mannheimer Innenstadt. Alle sind eingeladen an eine lange Tafel. Zum Austausch, zum miteinander Essen und Trinken. Viele machen mit: Christen, Juden, Muslime und andere Religionsgemeinschaften. Bewirtet auch von Vereinen und Schülergruppen. Ein prächtiges Zeichen des Miteianders.
Doch in diesem Sommer hat das »Forum der Religionen« die Veranstaltung abgesagt aus Angst vor Spannungen und Übergriffen.
Der Dialog der Religionen stockt - ist da und dort sogar ganz erloschen. Es knirscht in den in den sog. »Räten der Religionen«. Seit die Spannungen im Nahen Osten so unerträglich geworden sind. Seit Feindschaft gegen jüdische Bürger offen zu Tage tritt.
Schaue ich auf Fotos aus den ´90er Jahren, werde ich richtig wehmütig:
Ich sehe Muslime, die kommen auf Einladung unserer Gemeinde zur Kirche und zum Mittagessen. Wir sprechen miteinander – von unserem Glauben und unserem Leben.
Ich konnte unbeschwert mit Jugendlichen zum Besuch in die Moschee gehen.
Und heute? Ich hoffe auf Frieden und Verständigung – auf eine Wiederbelebung des Dialogs.
Ein Wort könnte dabei helfen. Es stammt vom II. Vatikanischen Konzil.
Auf den Tag genau heute vor 60 Jahren hat das Konzil erklärt:
„Nostra aetate“ - zu Deutsch „in unserer Zeit“ – kommt es auf Dialog und geschwisterliche Anerkennung aller religiösen Überzeugungen an.
Ausdrücklich werden Muslime und Juden erwähnt.
Und auch die Schuld, die Christen zu tragen haben, die diesen Dialog behindert und in manchen Jahrhunderten mit Verfolgungen zerstört haben.
Zum Schluss heißt es da:
(5.) „Wir können (...) Gott, (...) , nicht anrufen, wenn wir irgendwelchen Menschen, die ja nach dem Ebenbild Gottes geschaffen sind, die brüderliche Haltung verweigern. (...) die Schrift sagt: "Wer nicht liebt, kennt Gott nicht" (1 Joh 4,8).
Und weiter:
„So wird (...) jeder Theorie oder Praxis das Fundament entzogen, die zwischen Mensch und Mensch, zwischen Volk und Volk bezüglich der Menschenwürde und der daraus fließenden Rechte einen Unterschied macht.“
Dieses Wort ist auch nach 60 Jahren für mich eine Motivation, hier und heute weiter für den Dialog einzutreten.
