SWR3 Gedanken
Sprache kann eine verwirrende und manchmal auch sehr lustige Sache sein. Ein Beispiel: Vertretungsunterricht in der ersten Klasse. Wir sprechen über Gefühle: Als wir beim „verlegen-sein“ ankommen, stellt sich raus, dass die Kinder darunter etwas anderes verstehen als ich.
„Wenn man verlegen ist“, meinte ein Kind, „dann hat man keine Lust zum Aufstehen“. Zugegeben: Ich muss mich in dem Moment sehr zusammenreißen, um nicht laut loszulachen. Gleichzeitig bin ich froh, dass ich bei den Kindern nachgefragt habe, was das Wort für sie bedeutet. Sonst hätten wir völlig aneinander vorbeigeredet.
Situationen wie diese passieren mir öfter, auch wenn sie nicht immer so lustig sind. Dann verwende ich beim Sprechen Worte, die andere Menschen verwirren oder die sie gar nicht kennen. Fast immer sind sie entweder sehr viel jünger oder älter als ich. In diesem Moment ist es so, als würden wir verschiedene Sprachen sprechen.
Der Apostel Paulus kennt dieses Problem. Er meint dazu sinngemäß im Neuen Testament: „Wenn andere dich nicht verstehen, haben sie nichts falsch gemacht. Versetz du dich stattdessen in sie hinein. Stell dir ihre Sicht auf die Dinge vor. Denk wie eine von ihnen. Dann kommt deine Botschaft an.“*
Bei den Kindern aus der 1. Klasse fällt mir das gar nicht so leicht, aber zeigen, dass ich mir Mühe gebe, so zu sprechen, dass mein Gegenüber mich versteht, kann ich schon.
Und zeige damit: Ich merke, dass du anders bist als ich. Und das ist in Ordnung. Ich möchte deine Welt kennenlernen. Nimmst du mich dafür ein wenig an die Hand? Wenn wir das immer wieder versuchen, kann die Lücke zwischen uns ein Stückchen kleiner werden. Und aus Verlegenheit Verstehen.
*1Kor 9,20-22
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