SWR3 Gedanken

28OKT2025
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Eines meiner liebsten Kinderbücher beginnt so: Im Wald findet der Bär drei Pilze. Er erntet sie und bringt sie nach Hause. Dort stellt sich sein Freund das Wiesel sofort in die Küche, putzt die Pilze und bereitet sie in der großen schweren Pfanne zu. Mit Salz, Pfeffer und Petersilie.
Dann setzen sich der Bär und das Wiesel an den Tisch und der Bär verteilt:

„Ein Pilz für mich. Ein Pilz für dich. Und ein Pilz für mich. So ist es gerecht. Denn ich bin groß und muss darum viel essen.“ „Nein“, antwortet ihm das Wiesel. „Ein Pilz für mich und ein Pilz für dich und ein Pilz für mich. Das ist gerecht! Ich bin klein und muss noch wachsen.“ Dann entbrennt ein heftiger Streit, in dem Bär und Wiesel jeweils viele Gründe finden, warum sie den Pilz besonders verdient haben.

In unserer Welt halten es viele für gerecht, dass Leistung belohnt wird. Wer mehr arbeitet, verdient es auch mehr zu bekommen. Auch wenn dieses Konzept in der Theorie fair ist: In der Praxis geht es oft nicht auf.

Da bleibt Menschen trotz harter Arbeit manchmal kaum genug zum Leben, während andere viel mehr haben als sie brauchen.

Und was ist mit denen, die gar nichts verdienen oder verdienen können? Sollen sie auch gar nichts bekommen? „Was wäre“, fragt Jesus in einer Geschichte, „wenn Gottes Perspektive auf die Gerechtigkeit eine andere ist“? „Was wäre, wenn für Gott Gerechtigkeit bedeutet: Alle bekommen, was sie brauchen?“*

Wenn man weiterspinnt, was er für unsere Gesellschaft bedeuten würde, provoziert dieser Gedanke Er stellt vieles auf den Kopf. Aber wer weiß, vielleicht ist das ein Anfang, wenn wir anders nicht weiterkommen. Denn das Leistungsprinzip ist ja offensichtlich auch nicht die Lösung – Vielleicht ist es Zeit für eine neue Gerechtigkeit?

*Mt 20,1-16

https://www.kirche-im-swr.de/?m=43182
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