SWR4 Abendgedanken

23OKT2025
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Bei Lebkuchen scheiden sich ja die Geister. Die einen werden schon im Sommer schwach, wenn die ersten Lebkuchen in den Regalen liegen. Die anderen bleiben eisern und warten bis zum Advent. Bei mir geht die Vorfreude los, wenn ich sie im Supermarkt sehe. Bei 30 Grad mag ich zwar noch keine kaufen, aber jetzt im Herbst lege ich mir gern eine Packung in den Einkaufswagen. Ja, ich bin ungeduldig, aber ich stehe dazu. Und was mir auch gut gefällt: Dass Lebkuchen nicht nur lecker sind, sondern dass hinter diesem traditionellen Gebäck auch eine ganz reichhaltige Geschichte steht.

 

Bereits die alten Ägypter haben kleine Kuchen gebacken, die mit Honig gesüßt waren. Und schon in der Antike waren sie besonders geformt und die Leute haben sie verschenkt. Lebkuchen kann man lange lagern, ohne dass sie schlecht werden. Deshalb waren sie auch noch viele Jahrhunderte später als Kraftnahrung für unterwegs sehr beliebt. Oft wurden sie von Mönchen gebacken. Denn in den Klöstern hatte man Zugang zu den verschiedenen Gewürzen, die den charakteristischen Geschmack ausmachen. In der Zeit vor Weihnachten, in der viele Menschen weniger zu essen hatten, haben die Mönche Lebkuchen an Arme verteilt. Was muss das für eine Geschmacksexplosion und für ein nahrhafter Genuss gewesen sein.

 

Lebkuchen sind etwas Besonderes. Ich hab mal nachgeschaut, welche guten Zutaten dabei traditionell enthalten sind: Anis und Kardamom wirken beruhigend und sind gut für die Verdauung. Nelke und Ingwer stimulieren. Zimt ist gut für den Blutzucker und Muskatnuss sagt man gute Eigenschaften für Konzentration und Gedächtnis nach. Also sind Lebkuchen eine richtige Wohltat. Und passen deshalb wunderbar nicht nur in den Advent, sondern auch schon in den Herbst.

 

Denn wenn es draußen dunkler und kälter wird, ist es besonders wichtig, dass man sich was Gutes tut. Vielleicht mache ich einen Herbstspaziergang oder setze mich mit der Kuscheldecke aufs Sofa. Oder ich gönne mir eben einen würzigen und guten Lebkuchen. Und denke an die lange Geschichte, die damit verbunden ist. Wenn ich solche Traditionen kenne, dann geht so eine innere Tür in mir auf. Dann sitze ich nicht nur da und futtere einen Lebkuchen nach dem andern, sondern ich genieße viel bewusster und achte auf das, was hinter den Dingen steckt. Es ist die jahrtausendealte Tradition, dass man sich mit Lebkuchen in herben Zeiten gut stärken kann. Und dass es eine wunderbare Idee ist, alles was stärkt und nährt, auch an andere weiterzugeben.

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