SWR4 Abendgedanken

30OKT2025
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Was man aus einem Tonklumpen so alles machen kann! Ich habe im vergangenen Sommer zum ersten Mal an einem Töpferkurs teilgenommen. Und aus dem ersten feuchten Klumpen Ton, den mir die Künstlerin in die Hand gedrückt hat, habe ich eine Schale geformt. Daraus esse ich jetzt morgens mein Müsli. Ein Freund von mir hat aus seinem Tonklumpen einen Weinbecher gemacht. Und meine Frau hat sich gleich höhere Ziele gesteckt: Sie hat aus ihrem Ton einen großen Vogel mit langem Hals und spitzem Schnabel geschaffen. Der sitzt jetzt in einem Blumentopf in unserem Wintergarten. Der Fantasie sind beim Arbeiten mit Ton keine Grenzen gesetzt, eher der eigenen Begabung. Ich finde es darum faszinierend, dass in der Bibel auch von Gott als Töpfer gesprochen wird. Und von uns Menschen als Ton. So jedenfalls sagt es der Prophet Jeremia im Alten Testament. (Jer 18,6)

Nach meinem Töpferkurs im Sommer ahne ich ein wenig, was Jeremia damit meint. Er sagt: Ich bin als Mensch kein Zufallsprodukt, sondern ich bin gemacht, geformt und geschaffen worden von einem himmlischen Töpfer. Und der hat sich vorher genau überlegt, wie ich aussehen soll und zu was ich nütze sein soll. Mir hilft das, denn manchmal bin ich ja mit mir selbst nicht zufrieden und ich denke: Wenn ich doch nur sportlicher wäre, oder besser aussehen würde oder klüger wäre oder mehr Begabungen hätte. Ich schaue dann in den Spiegel und kann mich selbst gar nicht leiden. Aber das Bild vom Ton und dem Töpfer richtet mich wieder auf: Gott hat mich geformt und er hat sich richtig Mühe mit mir gegeben. Ich bin deswegen trotzdem nicht perfekt und ich habe so manche Risse und Macken, die es mir manchmal schwer machen. Aber das macht nichts. Gott kann trotzdem mit mir etwas anfangen. Und dann denke ich auch daran, wie stolz ich war, als ich meine Müslischale fertiggetöpfert hatte und wie vorsichtig ich jetzt damit umgehe. Und mir wird klar, dass das bei Gott genauso ist. Auch Gott ist stolz darauf, wie er mich geschaffen hat.

Gott als Töpfer und ich als Ton. Eine schöne Vorstellung. Sie hilft mir an Tagen, an denen ich mich mal wieder nicht leiden kann. Ich denke dann: Wenn Gott sich an mir freut, darf ich das auch.

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