Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

25OKT2025
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Als ich vor vielen Jahren einen Tanzkurs gemacht habe, galt er als absolute Königsdisziplin: Der Wiener Walzer. Foxtrott, Rumba, Cha-Cha-Cha, das haben wir alle noch irgendwie hingekriegt. Aber spätestens beim Walzer hat sich gezeigt, wer es wirklich draufhatte: Zwei Herzen im Dreivierteltakt – eins, zwei drei, eins, zwei drei … und immer schön lächeln, den Kopf über die Schulter nach links gedreht, sich keinesfalls anmerken lassen, dass man leise auf drei zählt und ja nicht nach unten auf die Füße schauen! Kopf hoch – durch den Übungsraum schweben und dann elegant in die Linksdrehung, ohne ein anderes Paar anzurempeln.

Unvorstellbar ist es bis heute, dass große gesellschaftliche Ereignisse wie etwa der Wiener Opernball mit einer Polka oder einer Polonaise eröffnet würden. Es ist immer ein Walzer! Und heute vor 200 Jahren wurde der Mann geboren, der dazu die schönsten Melodien geschrieben hat: Johann Strauss, der Walzerkönig. Schon im zarten Alter von sechs Jahren soll er seinen ersten Walzer komponiert haben. Wieder so ein Wiener Wunderkind! Mit Anfang zwanzig schreibt er einen Freiheitslieder-Walzer; der junge Mann sympathisiert mit den Revolutionären von 1848 und ihren Parolen: Demokratie statt Kaiserreich! Alle Macht dem Volke! Das verbaut ihm dann zuerst auch eine Karriere am Wiener Hof, aber letztlich kann auch ein Kaiser nicht am Talent eines Johann Strauss vorbei.1863 ist es so weit: Franz Josef I. ernennt Johann Strauss zum kaiserlich-königlichen Hofballmusikdirektor. Nun beginnt das goldene Jahrzehnt der Wiener Walzerseligkeit. Ganz Europa schwebt im Dreivierteltakt; der Walzer erobert das Parkett und wird zum beliebtesten Gesellschaftstanz einer ganzen Epoche. Und der Donauwalzer zur inoffiziellen Nationalhymne der Republik Österreich.

Einer seiner Bewunderer hat gesagt: „Das Charakteristische jeder großen Kunst ist auch der von Johann Strauss zu eigen: Sie lastet nicht, sie schwebt und macht, dass wir mit ihr schweben …“

Etwas von dieser Leichtigkeit, ein bisschen Schweben, ein bisschen Walzerseligkeit wünscht Ihnen zum Geburtstag des Meisters Martina Steinbrecher aus Baden von der evangelischen Kirche

https://www.kirche-im-swr.de/?m=43133
weiterlesen...