SWR Kultur Wort zum Tag
Vom Willen Gottes wird im Christentum oft geredet. Allerdings in ganz unterschiedlicher Weise. Mit den Worten „Gott will es“ begann vor knapp tausend Jahren der erste Kreuzzug, der in einem brutalen Gemetzel in Jerusalem endete. Auch Hexenverfolgungen und Nationalismen wurden und werden mit dem Willen Gottes begründet.
Deswegen bin ich skeptisch, wenn vom Willen Gottes die Rede ist. Wer weiß schon sicher, was Gott will? Das Problem: Es kann jeder behaupten, das ist Gottes Wille oder das. Denn wie will man das überprüfen?
Die Bibel ist da genauer. Sie spricht auch vom Willen Gottes. Aber sie hält fest: Der Wille Gottes ist ein Wille, der das Heil, das Glück des Menschen im Blick hat. Gottes Wille ist es deshalb, so sagt der Apostel Paulus, das Gute zu erkennen und zu tun.
Da stellt sich die Frage, wie sich denn das Gute zeigt? Eine ganz einfache Antwort lautet: Gutes, Gerechtes, das kann ich erkennen, wenn ich meinen Verstand benutze. Wenn ich gute Gründe für mein Urteilen und Handeln finde. Und wenn ich mit diesen Gründen andere überzeugen kann. Wenn ich gute Argumente habe. Und mich mit anderen über diese Argumente austausche.
Ein weiterer Aspekt ist außerdem wichtig. „Dein Wille geschehe“, lautet ein Kernsatz im Vater unser. Er lenkt den Blick auf das, worum es eigentlich in der Rede von Gottes Willen geht. Darum, dass ich meinen Willen nicht über alles stelle. Auf den Willen Gottes setzen, das heißt: Ich erkenne, dass ich eben nicht alles wissen, alles machen kann. Dass ich darauf angewiesen bin, dass mich andere Menschen und Gott selbst in meiner Suche nach Wahrheit und in meinem Handeln unterstützen.
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