Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Für mich ist der Rhein etwas ganz Besonderes. Mehr als einfach nur ein fließendes Gewässer. Der Rhein ist eine Persönlichkeit mit Geschichte und Charakter, er fördert Menschen, und er fordert heraus: Viele Menschen hat er ernährt und erfreut durch die Jahrhunderte, bis heute. Viele hat er aber auch unglücklich gemacht. Denken Sie an Überschwemmungen oder an die Kriege zwischen Franzosen und Deutschen, die an und
um ihn geführt worden sind. Wenn Sie auch in der Nähe eines Flusses leben, kennen Sie sicher ähnliches: Donau, Neckar, Kocher, Murg. Flüsse fördern Leben, aber sie fordern uns Menschen auch heraus. Viele Erinnerungen und Geschichten zeugen davon. Ganz persönliche, aber auch die von Ortschaften, von ganzen Völkern.
Das ist so seit Menschen an und mit Flüssen leben. Im Alten Testament zB. gibt es eine Geschichte über den Jordan. Auch so ein ganz besonderer Fluss. Sie spielt an einem seiner Übergänge, einer Furt. Die Menschen am linken und rechten Ufer des Jordans lagen im
Krieg gegeneinander. Die Schlacht ist geschlagen. Die Besiegten versuchen auf ihre heimische Seite hinüber zu fliehen, um wenigstens ihr Leben zu retten. Aber die Sieger haben was dagegen, sie besetzen die einzige Furt und wer hinüber will, muss erst das Losungswort sagen. „Schibbolet“ wollen die Sieger hören, „Schibbolet“. Leider können die von drüben kein „S-C-H“ sprechen. Kriegen immer nur „Sibbolet“ heraus. Flüsse sind oft auch Sprachgrenzen. Jedem, den die Sieger so ertappen, verweigern sie den Übergang ans andere Ufer. Verweigern die Rettung nach Hause.
Eine schlimme Geschichte, wie Menschen einen Fluss missbrauchen können. Auch der Rhein könnte ähnliche Geschichten erzählen.
Dabei können Flüsse das friedliche Leben an beiden Ufern fördern und segensreich wirken, wenn Menschen sich von ihnen zum Guten herausfordern lassen. Wenn sie akzeptieren,
dass ein Fluss nicht zu einer Seite gehört. Sondern Menschen auf beiden Seiten auch verbindet und beide für ihn verantwortlich sind. Den Fluss als Lebensraum zu schützen, damit er auch das Leben unserer Kinder noch fördern kann, das dient auch dem Frieden. Zum Glück haben die Anwohner an den Ufern des Rheins in den letzten Jahrzehnten viel dazu gelernt. Der Rhein trennt nicht mehr nur, er verbindet. Und Gott sei Dank werden bei der Überfahrt auch keine Losungswörter mehr gefordert. https://www.kirche-im-swr.de/?m=4300
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