Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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"Ich will was sehen, was ich noch nie gesehen habe. Das ist für mich Urlaub.“ Hat ein Bekannter gesagt, als wir von unseren Urlaubsplänen erzählt haben. Und dann hat er noch etwas dazu gesagt: „Das habe ich schon erlebt 10.000 Kilometer weg von daheim. Aber genauso, wenn ich ganz in der Nähe Urlaub gemacht habe, mit dem Fahrrad an der Jagst zB. Entscheidend ist -vor allem in der Nähe- dass man sich Zeit nimmt und die Augen aufmacht.“
Etwas sehen, was ich noch nicht gesehen habe. Klar, können auch ganz andere Dinge am Urlaub schön sein: Spaß, Trubel, was erleben. Auch sich selber erleben. Aber das mit dem „Neues sehen“, das finde ich auch für mich besonders wichtig und beglückend. Wenn man in der Nähe geblieben ist, oder nicht weg konnte, dann ist man manchmal ein bisschen blind für Neues. Man meint, kenn ich alles. Muss erst neu schauen.
Mir ist dieses Jahr neu ins Auge gefallen, wie verschieden Seen sind, sogar wenn sie in der gleichen Gegend liegen. In Mecklenburg und Brandenburg, wo ich war, gibt es ja sehr viele davon. Und jeder ist eigen.
Am Anfang hab ich sie gesehen wie die Menschen auf den Tribünen bei der Olympiade im Fernsehen. Die wirken oft nur wie eine Masse, eine Kulisse. Man sieht zwar, dass da unterschiedliche Fähnchen geschwenkt werden, aber einzelne Menschen kann ich erst erkennen, wenn die Kamera näher kommt und eine Weile bleibt.
Mit Seen ist das ganz ähnlich. Erst sind sie schöne Kulisse und dann wenn man genauer hinschaut, kann man sehen, jeder ist anders. Der eine wirkt offen, weit, der andere dunkel, geheimnisvoll. Als ob auch sie wie Menschen individuelle Geschöpfe Gottes wären. Was
heißt da wären, ja ich glaube, sie sind es.
Geschöpfe Gottes sind sie und wir schaffen auch an ihnen mit.
Mit den Pflanzen zB, die wir an ihren Ufern wachsen lassen -oder nicht. Und bei Flüssen
und Bergen ist es nicht anders. Bloß gut, wenn sie unter dem, was wir an ihnen schaffen, nicht leiden müssen. Wenn wir sie nicht ersticken, sondern ihnen ihre Persönlichkeit als Geschöpfe Gottes lassen. Ich muss sagen, das haben die Mecklenburger und
Brandenburger gut gemacht, seit Jahrhunderten. Die haben da vielleicht Bäume gepflanzt
an den Ufern! Übrigens, auch alle ganz eigene Geschöpfe. Ich bin jedenfalls Gott froh,
dass man auch ganz in der Nähe Dinge neu sehen kann, die man so noch nie gesehen hat. Und Urlaub machen. https://www.kirche-im-swr.de/?m=4299
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