Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP

04OKT2025
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Die Bilder aus den Bunkern und den U-Bahn-Schächten in der Ukraine sind beklemmend. Menschen sitzen dort im Halbdunkel, nur mit einer Tasche, einer Matte oder einem Schlafsack. Einige versuchen zu ruhen, andere schauen auf`s Handy, alle aber hören den Lärm der Bombeneinschläge über sich und fürchten um ihr Heim, ihre Freunde und Angehörigen – und sich selbst.
Dieses Bild erinnert mich an Worte aus der Bibel, mit denen ich bisher nichts anfangen konnte. Da ist die Rede von Menschen, die im Schatten des Todes sitzen, denen ein Licht aus der Höhe erscheint und die auf den Weg des Friedens geleitet werden. Ich sehe sie jetzt vor mir, die Menschen in den Bunkern und Schächten, die buchstäblich im Schatten des Todes sitzen. Noch scheint ihnen freilich kein Licht auf, und ein Weg zum Frieden ist nicht erkennbar. Doch was wäre das für eine Befreiung: Jemand reißt die Bunkertür von außen auf, helles Licht fällt ins Halbdunkel und der an der Tür ruft: Kommt heraus, es ist vorbei, es ist Frieden. So könnte sich das biblische Bild erfüllen.

Ein Bibelspruch verändert nicht die Welt und beendet keinen Krieg. Aber die genannte Stelle führt mir vor Augen, worauf es ankommt und um wen es wirklich geht. Es geht um die Menschen im Schatten des Todes, um die Frauen, Männer und Kinder, die sich vor den barbarischen Angriffen verkriechen müssen. In der Ukraine und an vielen anderen Orten. 

Die Bibel hat meist nicht die politische Lage im Blick, sondern die Not und das Schicksal konkreter Menschen. Auf sie lenkt sie den Blick, damit sie nicht vergessen werden. Die Bibel prägt ein: Bei allen politischen Fragen – ob Diplomatie oder Abschreckung, Aufrüstung oder Verhandlung -, bei all diesen Fragen darf der Blick auf die geschundenen Menschen nicht verloren gehen. Es geht darum, dass ihre Tage wieder hell werden, dass sie wieder ins Licht treten können ohne Angst und Furcht. Weil Frieden ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=42974
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