Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

16AUG2025
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Die spirituelle Beraterin von Donald Trump, Paula White hat einen steilen Satz über den amtierenden amerikanischen Präsidenten gesagt: „Wer Nein zu Präsident Trump sagt, sagt damit Nein zu Gott.“ Sie behauptet also: Wer Donald Trump widerspricht, widerspricht Gott höchstpersönlich. Jede Diskussion darüber, dass beispielsweise Sozialhilfe gestrichen wird, soll damit im Keim erstickt werden.

Leider kommt das in der Geschichte immer wieder vor. Regierungen missbrauchen Gott und die Bibel, um Unrecht zu rechtfertigen. Und manche Christinnen und Christen machen mit. Das funktioniert allerdings nur, wenn man einzelne Bibelverse aus dem Zusammenhang reißt. Denn mehr als 2000 Bibelverse beschäftigen sich damit, dass Gott sich besonders um schutzbedürftige Menschen sorgt.

Das haben vor 500 Jahren auch die Bauern in Deutschland entdeckt. Sie wurden massiv unterdrückt und ausgebeutet. Die Fürsten haben das als gottgewollten Zustand dargestellt.

Doch dann übersetzt Martin Luther die Bibel ins Deutsche. Johannes Gutenberg erfindet den Buchdruck. Und plötzlich kann jeder selbst in die Bibel schauen. Und die Bauern lesen dort zu ihrem Erstaunen, dass Gott ganz und gar nicht mit sozialer Ungerechtigkeit einverstanden ist.

Einige Bauern halten ihre Beschwerden und Forderungen in einer Programmschrift fest. 12 Artikel, die als eine der ersten Menschenrechtserklärungen überhaupt gelten. Es geht um die Abschaffung der Leibeigenschaft, mehr Teilhabe, Erleichterung der Arbeit, mehr Recht und Gerechtigkeit. Die Schrift verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Widerstand formiert sich und gipfelt in einer entscheidenden Schlacht bei Böblingen.

Auch wenn diese Schlacht vor 500 Jahren für die Bauern verloren ging, markiert sie einen mutigen Anfang. Der Bauernkrieg gilt bis heute als eine der größten Volksbewegungen in der deutschen Geschichte. Auch wenn es noch lange dauern sollte, der Bauernkrieg ist eine wichtige Station auf dem langen Weg unseres Landes hin zur Demokratie.

Der Gott der Bibel ist kein Steigbügelhalter für Mächtige und Reiche, die es sich auf Kosten anderer gut gehen lassen wollen. Der Gott der Bibel ist eher ein Robin Hood. Ein Beschützer der Witwen und Waisen. Die Bauern haben das damals erkannt, als sie die Bibel selber in die Hand genommen haben.

Und deshalb kann auch Kirche nie unpolitisch sein. Sie steht mit diesem Gott an der Seite der Schutzbedürftigen. Verleiht denen eine Stimme, die zu wenig oder gar nicht gehört werden. Und erinnert die Regierenden an ihre Verantwortung gerade für diese Menschen. Wenn es Gott auf die Palme bringt, kann auch Kirche nicht dazu schweigen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=42719
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