SWR1 3vor8
Sie ist die heiligste Stadt der Welt, steht im Schnittpunkt von drei bedeutenden Weltreligionen: Jerusalem. Fast 800-mal taucht ihr Name in der Bibel auf. Im Alten wie im Neuen Testament. Kriege wurden um sie geführt. Sie wurde verwüstet und wieder aufgebaut. Jesus ist vor ihren Mauern am Kreuz gestorben und der christlichen Überlieferung nach dort auferstanden. Nach islamischer Tradition hat der Prophet Mohammed von dem Felsen im gleichnamigen Felsendom seine Himmelsreise angetreten. Sie war die Stadt der großen jüdischen Könige David und Salomo. Und sie war der Sehnsuchtsort der ins babylonische Exil verbannten Israeliten. Im 6. Jahrhundert vor Christus war das. Als das Exil dann endlich zu Ende geht, die Verschleppten nach Jerusalem zurückkehren dürfen, macht sich dennoch Frust unter ihnen breit. So viel ist zerstört, so vieles hat sich verändert. Ein Prophet, dessen Worte wir im biblischen Buch Jesaja finden, versucht, sie aufzurichten. Er stimmt einen Lobgesang auf Jerusalem an. Und von Gott richtet er ihnen diese Botschaft aus: Siehe, wie einen Strom leite ich den Frieden zu ihr und die Herrlichkeit der Nationen wie einen rauschenden Bach … In Jerusalem findet ihr Trost.
In den katholischen Gottesdiensten sind diese Worte heute zu hören. 2500 Jahre sind sie alt. Angesichts der Realitäten im Heiligen Land und auch in Jerusalem könnte man glatt wehmütig werden. Darüber, wie alt diese Sehnsucht nach Frieden schon ist und wie wenig sie sich erfüllt hat. Bis heute. Es scheint fast, als ob der Prophet da irgendwelchen Träumen nachhängt. Oder sich schlicht geirrt hat. Vielleicht aber will er den Zurückgekehrten ja auch nur Mut machen. Will ihnen sagen: Ich weiß um eure Sehnsucht nach Frieden und ich sage euch, Gott selbst hat sie auch. Gott möchte Frieden, für Jerusalem und für alle Völker. Und es liegt an den Menschen, dass sie ihn nicht halten können.
Darum möchte ich gern schließen mit Worten meines früheren Kollegen Stephan Wahl, der seit einigen Jahren als Deutscher in Jerusalem lebt und auch bleiben will: Die Ignoranz der Welt ist entsetzlich. … Mir bleibt nur, an alle Opfer zu denken. Für sie und ihre Familien zu beten und weiter - so weit wie möglich - nicht still zu sein, wenn die Menschenwürde mit Füßen getreten wird. Und die so unrealistisch erscheinende Hoffnung auf Frieden für dieses Unheilig-Heilige Land nicht aufzugeben. Trotz allem, trotz allem, trotz allem.
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