SWR3 Gedanken

01JUL2025
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Damit hätten sie im Seniorenheim nun wirklich nicht gerechnet. Erst war es nur ein Aufruf am schwarzen Brett, die Angehörigen mögen doch bitte aus dem Urlaub traditionelle Postkarten ins Heim schicken. Aber die Sache ging viral, weil jemand den Aufruf in den sozialen Netzwerken geteilt und damit wohl einen Nerv getroffen hatte. Hunderte von Ansichtskarten sind bisher im Seniorenheim St. Ingbert eingetrudelt. Die Pflegerin Isabell Meyers staunt: „Das ist der Wahnsinn! Jede Karte bringt uns ein Stück Urlaub, Freude und Abwechslung in den Alltag.“

Mehrmals die Woche sitzen jetzt die Seniorinnen und Senioren bei Kaffee und Kuchen zusammen und sichten die Post. Eine Karte aus Dresden zum Beispiel. „Da war ich auch schon!“, kommt es aus der Runde. Oder eine von der Nordsee. „Das kenne ich – da ist es schön.“ Aber auch Karten aus Indien, Afrika, Griechenland und Frankreich. Jede wie eine kleine Eintrittskarte in die Welt der Erinnerungen. Die 86-jährige Hildegard schwärmt: „Ach wie goldig war das, als unsere beiden Buben in Südfrankreich schwimmen gelernt haben.“

Das ist wirklich eine tolle Idee. Und sofort denke ich an die vielen da draußen, die auch dringend eine Karte nötig hätten oder auch was anderes. Es gibt so viele, die sich nach einem Gespräch sehnen, nach einem Gruß, einem Anstupser, nach irgendeiner Abwechslung. Für sie ist das so unendlich wertvoll, was für mich oft gar keine große Sache ist: ein freundliches „Guten Morgen“, ein Zuwinken, eine Schale Beeren vor der Türe, eine Nachfrage wie´s denn so geht, oder eben eine traditionelle Postkarte aus dem Urlaub.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=42454
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