Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
Welche Rolle nimmt man im Leben ein – hilft man ständig? Oder wird einem geholfen? Ich habe das vor kurzem mit Mitarbeitenden eines diakonischen Unternehmens versucht zu erkunden. Anhand einer kleinen Geschichte aus der Bibel:
Ein Mensch ist zu Fuß unterwegs von Jerusalem nach Jericho – eine Strecke bergab, knapp 30 Kilometer lang. Auf dem Weg wird er von Räubern überfallen. Sie plündern ihn aus, schlagen ihn zusammen, lassen ihn halbtot in der Hitze liegen. Ein Mann kommt vorbei – und geht weiter. Ein zweiter Mann kommt vorbei – und geht weiter. Erst ein Dritter hält an und hilft dem Verletzten. Er bringt ihn in ein Gasthaus, wo der Wirt sich weiter um ihn kümmert.
So weit die Geschichte, die Jesus mal erzählt hat [vgl. Lukas 10,29-37]. Wir haben dann überlegt: Was kann uns diese Geschichte zeigen? Und wo tauchen wir darin auf?
Eine Antwort kam ganz rasch: Wir sollen so handeln wie der dritte Mann, der angehalten und dem Verletzten geholfen hat. Auch Jesus hat das so gesehen und seinen Zuhörern anschließend gesagt: „Geh[t] und mach[t] es ebenso.“ [Lukas 10,37b; BasisBibel]. Unsere Welt braucht solche Menschen, die andere sehen und ihnen zur Seite stehen.
Aber der Mensch, der erste Hilfe leistet, ist ja nicht der Einzige. Am Ende der Geschichte gibt es noch den Wirt. Der hat ein Gasthaus und kann dort Leute aufnehmen. Auch das ist wichtig – dass Menschen soziale Unterstützung zu ihrer beruflichen Aufgabe machen, zum Beispiel in Caritas und Diakonie. Es ist nicht verwerflich, wenn man fürs Hilfe-Leisten bezahlt wird.
Die Geschichte kennt noch eine weitere Möglichkeit: Manchmal geht es uns so wie dem überfallenen Wanderer am Boden – und wir sind selbst auf Unterstützung angewiesen.
Mit diesen drei Rollen aus der Geschichte sind wir fertig, dachte ich damals beim gemeinsamen Austausch. Aber dann hatte eine Mitarbeiterin noch eine Idee: Manchmal im Leben sind wir auch diejenigen, die vorübergehen – weil wir zu beschäftigt sind, keine Zeit übrig haben. Und vielleicht sind wir manchmal sogar wie die Räuber – wir machen andere Menschen klein und fertig. Ja, habe ich gedacht, – so habe ich tatsächlich auch schon gehandelt. Hoffentlich nicht für immer. Denn natürlich wäre ich lieber derjenige, der hilft und für andere da ist. Geht aber nicht immer. Gut, wenn es dann andere gibt, die helfen. Dann hält unser Miteinander alle Rollen aus. Es ist eben eine echte ehrliche Lebens-Geschichte, die Jesus da erzählt hat.
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